Gustav Roos an Mutter Elisabeth, 9. März 1941

Liebe Mutter!

Gestern bekam ich Deinen Brief und heute das angekündigte Paket. Vielen Dank!!

Ich sitze wieder auf der Unteroffiziersbude. Seit gestern ist „er“ auf Urlaub und da er mir wieder den Schlüssel gegeben hat, drücke ich mich hier herum.

Tja, zum Thema! Das heisst noch immer „Vater“ und „Eigen“.

Bis heute also fast 3 Wochen habe ich keine einzige Zeile von dem Alten erhalten. Warum schreibt er mir nicht? Teilt mir kurz mit, dass ich reklamiert werden soll, und lässt mich dann ganz im ungewissen, wie das geht, ob es

klappt und wie lange es dauert. Du kannst Dir ja vorstellen, dass es nicht gerade angenehm ist, nicht zu wissen, was mir Dir geschehen soll. Zweieinhalb Wochen läuft die Sache nun schon. Kann es noch klappen? oder ist es schon zu spät? Und ich bin zum geduldigen Warten verurteilt. Na ja, hoffentlich sind wir in einer Woche etwas weiter!! Wenn ich nur wüsste, wie Vater sich das alles vorstellt!

Zum 2. Thema: „ich“.

Es geht mir, zu Deiner Beruhigung, noch gut. Man schlägt sich so durch. Diese Woche, besonders die 3 letzten Tage, hat man mal wieder mit uns „de Aap“ gemacht. Bei morgenlichen Exerzieren

lagen wir mehr auf dem Bauche als dass wir auf den Füssen standen. Die alten Knochen sind heute Abend von allzuvieler Bewegung bleischwer. Man ist ja gerade auch nicht mehr der Jüngste!

Abgesehen von diesen üblen Flachrennen lässt es sich gut aushalten.

Gestern war ich, höre und staune, für 4 Std. U.v.D. i.V. Ich fühle mich, kannst Du Dir ja denken, wie’n kleiner Herrgott.

Heute abend, nach dem Dienst 16.00, habe ich eingekauft: 2 Weissbrote und 10 Brötchen, Mostert und Zigaretten. Und so habe ich bis jetzt ganz gross soupiert. Als Nachtisch einen Apfel und „Plätzchen“. Die letzteren, in solcher Güte, sind

für einen Soldatenmagen, wie Balsam auf eine frische Wunde.

Onkel Jupp hat mir heute auch wieder geschrieben. Der Angriff auf Köln scheint ja doll gewesen zu sein! Seit ich hier bin haben wir noch keinen Alarm in der Kaserne gehabt! Gottseidank!! Dann noch was: Wie Du weisst bin ich beim Stamm. Wie ich glaubte, gab es in der Kaserne nur Sachsen und ähnliches Zeug Gestern kam ich auf eine andere Funkerbude, und im Laufe unseres Gespräches stellte sich heraus: Alle 8 Mann waren aus Trier, Bitburg oder Godesberg. Alle waren vom Godesberger „Aloysiuskolleg“ hierher eingezogen. Also doch noch ein

Stück Heimat in Braunschweig.

Dann noch eine Frage: Was macht Willi Schommers? Seit 3-4 Wochen haben Flöns, die Mädels und ich keine Antwort mehr von ihm bekommen, trotzdem wir oft geschrieben haben. Frag’ doch bitte mal Frau Schlommers!! Nun für heute Schluss, ich warte noch die morgige Post ab: vielleicht ist etwas von Vater dabei!! Also bis morgen!

Sonntag, -

Heute war für mich schon wieder keine Post von Vater da. Ich kann es mir nicht mehr anders denken, als dass Vater in seinem herrlichen Optimismus jeden Tag mit meiner Ankunft in Wimereux rechnet.

Von Dir erhielt ich den Brief mit 2 RM. Vielen Dank!! Dass ich sie nötig habe, wirst Du am Briefpapier sehen.

Was meine Wäsche anbetrifft so bitte ich Dich, mal ruhig Deinen Kram fertig zu machen. Ich will mit dem Schicken noch etwas warten; denn vielleicht -,

Na, abwarten!!

So, schreibt mir bald mal wieder. Günthers Brief ist noch nicht angekommen!

Alles Gute Dir, Günther und den Omas!!

Heil und Sieg!

Dein. Soldat. Gustav.