Gustav Roos an Mutter Elisabeth, 30. März 1941

....., den 30. März 1941

Liebe Mutter!

Deinen Brief vom 24. habe ich heute morgen erhalten. Vielen Dank! Du kannst Dir ja denken, wie ich mich gefreut habe, nach 2 ½ Wochen endlich mal wieder Post von zu Hause zu bekommen, Na, und die Ankündigung Deiner 3 Pakete hat mir natürlich auch gewaltig imponiert. Mit meiner Ration komme ich nämlich wirklich nicht mehr aus. Ich fresse mich mit der Zeit noch zu! Morgens esse ich nur 2 Schnitten Kommissbrot, mittags esse ich regelmässig immer 1-1 ½ Kochgeschirr voll. Stell Dir das mal plastisch vor. Abends esse ich zuerst mal noch einen Schlag, den ich mir Mittags mitnehme und warm mache. Im Laufe des Abends esse ich dann aber auch noch immer meine 6-8 Schnitten Kommissbrot. Ich glaube, das genügt!

Nun zum Dienst! Um 6.00 ist in allgemeinen Aufstehen, dann eine Stunde Unterricht und von 8-12 Exerzieren oder Geländeausbildung. 4 Stunden! Der Morgen ist so gar nicht toll. Alles ganz lau. Laufen und hinlegen kommt jetzt nicht mehr in Frage. Aber vier Std. alles das durchkauen, was einem schon jahrelang am Halse rauskommt, und so lau, da wird man stur, stur wie ein Panzerwagen!!

Freitag hatte unser Battaillon Besich-

tigung durch den General von Briesen, den Du ja aus beiden Feldzügen kenne wirst. Ein fabelhafter Kerl!

Morgen ist Gepäckmarsch. 40 km mit Gepäck. Bei dem Gedanken wird mir schon ganz schlecht. Von 6.00-1.00!! Wie jeden Nachmittag geht dann der Dienst weiter mit Sport, Unterricht und Waffenpflege bis 6.00 und dann Feierabend bis zehne.

Ich habe schon wieder Glück gehabt. Dieses Mal ist mein Battaillonskommandeur Pfarrer. Heute war fürs ganze Btl. Kirchgang. Alles ob kath. oder evangelisch oder Neuheide wurde in das Kino geführt und vorne auf der Bühne hielt ein Pfarrer ev. Gottesdienst. Sowas gibt’s beim Militär!

Hoffentlich habt Ihr meinen Brief von Celle bekommen und auch verstanden!

Nun habe ich Dir geschrieben, Du möchtest mir etwas Geld schicken. Ich weiss nun nicht, ob Du das verstanden hast. Ich bekomme 10 RM pro Dekade, macht eine RM pro Tag. Zuerst will ich davon mal rauchen. Dann kaufe ich mir mal Weissbrot, Brötchen, Senf in der Kantine. Mit den 10 RM müsste ich mir diesmal auch noch 1 Taschenmesser kaufen, ein Schloss, 3 Kleiderbügel, einen Picknapf, und eine Tasse. Dann hat man frei. Was soll man dann tun. Lesen! Ich möchte mir gerne mal ein Buch kaufen, wovon man etwas hat. So muss ich mir, wenns reicht, eine Zei-

tung holen. Seit ich von Braunschw. weg bin, habe ich mir ein Bier erlauben können. Als ich nach Celle fuhr, hat mir der Abiturient 5 RM geliehen, ohne dass ich ihn darum gefragt habe; denn er wusste, dass ich knapp war. So ist das denn, aber weiter. 3 Mann von meiner Stube sind verheiratet und haben immer Geld, der Abiturient hat augenblicklich 50 RM. Mölke, der stud. elektr. hat auch immer Geld, nur ich, und das ist das traurige, habe immer Ebbe. Du hast mir 3 geschickt; aber davon existiert nach 8 Stunden noch die Hälfte. Da ich seit vorgestern keinen Pfennig mehr hatte, habe ich mir mal zuerst 20 R6 und 15 Brötchen geholt. Du sagst jetzt: Die andern rauchen auch nicht! Sie rauchen aber auch! Und zwar mindestens so wie ich und alle, wie sie da sind. Dazu kommt dann noch die Aussicht auf eine tagelange Bahnfahrt, die beständig näherrückt. Schick’ mir bitte also bitte mal was!! Wenn ich mal raus bin bekomme ich ja mehr, dann kann ich vielleicht noch ein Vermögen zusammensparen.

Von Vater habe ich bisher nur einen Brief vom 22. erhalten, den ich mitschicke. Er wurde mir von Br. nachgeschickt. Das Paket wird morgen wohl auch ankommen. Es wird höchste Zeit.

Nun also bis demnächst!

Sag’ Günther, er solle mir Pauls Adresse mal besorgen.

Alles Gute und herzliche Grüsse an Dich, Günther und die Omas!

Stur-Heil!
Gustav.