Gustav Roos an seine Eltern, 6. April 1941
Bergen, den 6.IV.1941
Liebe Eltern!
(Ich hoffe, dass, wenn der Brief ankommt, Vater schon in Brühl ist!)
Mutters Brief habe ich gestern Abend bekommen. Die Ankündigung der drei Päckchen hat meine Stimmung um einige Grad gehoben. Die 3 Emmchen im Brief haben mir auch sehr gut getan. Die angekündigten 25,- haben direkt seelische Gleichgewichtsstörungen zur Folge gehabt. Leider sind sie noch nicht in meinem Besitz; denn bekanntlich geht es mit Feldpost sowieso langsamer und dazu wird alles noch von der Kmp. wieder über Post alles zu mir hingeleitet. Morgen wird’s wohl eintrudeln und zugleich hoffentlich auch schon das erste Päckchen!!
Nun zur ersten Frage des Briefes: Wie es mir geht? Die roten Fleckchen am Körper sind restlos weg. Im Nacken aber die Schwellungen sind noch da. Sonst alles O.K.! Keine Beschwerden, nichts! Ich muss aber immer noch im Bett liegen. Zur Beobachtung. Aber von mir aus können sie mich hier 2 Jahre lang beobachten. Ich will Euch mal erzählen, was ich hier arbeite.
7.00 kommt eine Schwester herein, misst Fieber und Puls. Wenn sie weg ist, stehe ich auf und lege mich nach dem Waschen wieder ins Bett. 8.00 bekomme ich mein Frühstück: 1 Teller Haferflocken, 1 Schnitte Kommiss- und eine Schnitte Weissbrot mit Butter und Marmelade. Meine nächste Tätigkeit besteht im Mittagessen: Suppe, Gemüse, Kartoffel, Fleisch, und ein Apfel. 3.00 ist Kaffee: 2 Schnitten Brot, ein Brötchen und Marmelade, ohne Butter. Um sechs ist Abendessen: 1 Teller Milchsuppe, 2 Schnitten Brot, Wurst, Butter... Die Zeit zwischen den Mahlzeiten ist mit Lesen und Schreiben ausgefüllt. Qualitativ ist das Essen ja gut. quantitativ mag es auch für einen Kranken reichen; aber ich bin gesund und bin froh, dass ich noch etwas zusetzen kann; denn mein Magen ist ein Loch! Zeitungen sehe ich hier nicht, geschweige denn höre ich Radio. Was in der letzten Zeit in Jugoslawien passiert ist, weiss ich nur bruchstückweise. Heute morgen sagte eine Schwester, wir seien einmarschiert. Mehr weiss ich noch nicht. Was mit mir nun jetzt passiert, kann ich Dir nicht sagen. Nur eins ist bestimmt, wenigstens soweit, als im Krieg überhaupt etwas be-
stimmt sein kann, nämlich, dass ich leider Kanonen nur aus weiter Ferne, oder überhaupt nicht zu hören bekomme. Dafür bürgt leider schon der Name meiner Einheit. Also mach’ Dir darum nur keine Sorgen, das wäre vollkommen zwecklos!
Wie ich Dir ja schon geschrieben habe, sind die 2 Päckchen angekommen. Nochmal vielen Dank! Nachher werde ich sofort mal nach meiner Kmp. telephonieren, ob, 25,- und evt. Päckchen dasind.
Jetzt ist mein Hirn mal wieder ausgequetscht und darum Schluss!
Ich wünsche Euch und Jünni alles Gute und sende Euch herzliche Grüsse.
Viel Spass!
Heil und Sieg!