Gustav Roos an Mutter Elisabeth, 23. Juni 1941

O. U. den 23.6.1941

Liebe Mutter!

Wieder einmal habe ich etwas Zeit. Damit Du nicht Dich unnötig beunruhigst, bekommst Du diesen Brief.

Ja, gestern um 17.00 sind wir weitermarschiert. „Nur“ 20 km. Das war was! Sand bis über die Knöchel! Eine entsetzliche Hitze! Die Wagen versanken im Sand! Marsch in einer Wolke von Staub. Na, ich möchte Günther eines sagen: Einen solchen Marsch muss er mitmachen, dann verzichtet er auf die Freiwilligmeldung und macht sein Abi. Heute merkt man, was in Polen geleistet wurde. In der

Heimat sagt man: Och, die laufen ja nur noch dem Feind nach, aber was dies Laufen bedeutet, kann man garnicht ahnen, wenn man nicht selbst dabei ist. Und bis jetzt wars Polen nun kommt Russland. In meinem gestrigen Brief erzählte ich von dem Fliegerabschuss. Bei diesem einen blieb’s aber nicht. In dem Bereich den wir übersehen konnten, wurden am ersten Tag 17 Russen abgeschossen, kein Deutscher stürzte ab. Kam ein Russe, schon sassen ihm die Jäger auf der Pelle und ehe man sich versah, stürzte der Feind brennend ab. Die Russen flogen

auch immer ohne Jägerschutz. Ich bin einmal gespannt, wieviele gestern abgeschossen sind. Als wir gestern abmarschierten von unserem Lagerplatz, wurde gerade ein russ. Bomber herunter. 2 Mann kamen nicht mehr raus, einer sprang bei 100 m und einer ganz hoch ab. 3 Mann also waren ex. Der andere schwebte über uns. In Höhe von 200-300 begann er ganz lustig mit einer M-Pistole auf uns zu knallen. Er landete in einem Kornfeld und wurde dann gefangen. Das brennende Flugzeug hätte, wenn wir nicht sofort gelöscht hätten, einen Waldbrand verursacht.

Als wir nun in Richtung Bug marschierten, kamen uns schon lange Gefangenenzüge entgegen. Das ist also die berühmte „rote Armee“. Sie sehen aus wie Idioten, vertiert, schlecht ausgerüstet, Tartaren, Mongolen, manche noch, wie man sie überrascht hatte, in Nachthemden und Unterhosen. Toll sahen sie aus.

Nächster Brief folgt!

Alles noch i. O.

Heil und Sieg!
Gustav