Gustav Roos an Mutter Elisabeth, 25. Juni 1941

Auf dem Vormarsch, d. 25.6.1941

Liebe Mutter!

Als ich den Brief vom 23. beendete, wollte ich am Abend ihn fertig machen und abgehn lassen. Aber es kam anders. Von unserem Quartier marschierten wir los: Richtung Osten! Am 24. Juni 41 17.22 überschritten wir den Bug bei Theresepol, marschierten etwa 2 km an Brest-Litowsk vorbei, durch die russ. Bunkerlinie bis in ein kleines Dorf. Von da aus weiter, fast ohne Schlaf, einen Tag ohne Verpflegung; weiter nach Osten, 30, 40, an einem Tag sogar 60 km. Hieraus kannst Du ersehen, dass die Rus-

sen gewaltig laufen. Die Verluste sind ausserordentlich gering. von unserem Btl. erst 2 Mann vom Tross, und die wurden von Heckenschützen erledigt.

Soweit es möglich ist, geht es mir gut. Aber Krieg ist nun mal nicht gemütlich und die langen Märsche sind kein Kinderspiel. Aber das geht ja auch mal zu Ende. Und bald wird das Spiel hier aufhören; denn; ....

ja, Russland! Man hat wirklich nicht übertrieben. Hunger im Frieden, nichts anzuziehen, Schreckensherrschaft der G.P.U., Zwangsarbeit in den Kollektiven. Soweit die

Leute hier nicht gerade selbst Bolschewiken sind, freuen sie sich über unsere Siege, besonders die Polen.

Wo ich bin, kann ich wirklich nicht sagen, jedenfalls 200 km in Russland. Eins weiss ich noch, dass hier im Augenblick hart gekämpft wird. Es sollen eine Menge Divisionen eingekesselt sein. Im übrigen marschieren wir, bummsen und wissen von nichts.

Seit 5 Std. liegen wir nun heute hinter der Front und warten. Kanonendonner, Stukageflüster, wie üblich.

Wie geht es Euch? Was sagt man zu Russland?

Sorg’ Dich nicht um mich, mir geht es gut, und bekanntlich: „Unkraut vergeht nicht!!“

Nun alles Gute und die herzlichsten Grüsse!!
Zigaretten, Süsses erwünscht!
Kuchen willkommen!

Heil und Sieg!
Gustav.

Der Brief besteht aus Fortsetzungen. Der letzte Teil datiert vom 30.6.41.