Gustav Roos an Mutter Elisabeth, 24. Juli 1941
Russland, am 24. Juli 1941
Liebe Mutter!
Lage: Ein tiefes Panzerloch, darin sitzt der Funker Roos vor seinen Funkgeräten. Gelände: schöner Fichtenwald. Geräuschkulisse: Ruhe, abundzu unterbrochen von entfernterem Artilleriefeuer und dem Brummen von Flugzeugmotoren.
Die letzten Tage haben wir noch immer am Dnjepr im Süden von Staryi Bychow zeltender Weise verbracht. Unsere Tagesmärsche waren nur kleinere Strecken. Gestern mittag wurde mein Funktrupp, das h., ein Uffz. und ich zu einem Zuge kommandiert, der die Aufgabe hat, den Feind zu beobachten. Wir haben die Verbindung zum Bataillon aufrecht zu erhalten; ein ruhiger Posten. Alle viertel Stunde gebe ich ein Zeichen durch. Des Nachts lösen wir uns alle 3 Std. ab, am Tage übernehme ich vormittags, der Unteroffizier nachmittags den Dienst. Unser Loch haben wir „Erholungsheim ’Waldfrieden’“ getauft. Es ist hier auch so was ähnliches. Unser Essen und Trinken wird uns 3 x am Tage auf einem Panjewagen gebracht. Ein Spähtrupp hat aus einem Dorf Eier, Butter und Milch organisiert. Diese zusätzliche Verpflegung ist natürlich sehr willkommen. Nur eines vermissen wir hier: Wasser zum Waschen. Die Gegend ist mal wieder sehr wasserarm. Zum Dnjepr
zu wandern, der nur 1 km entfernt ist, ist nicht ratsam, da der Russe in der Gegend ist. In den letzten Tagen war’s genau so und so habe ich mich 5 Tage lang nicht gewaschen. Das Hausen im Loch hat mich auch nicht gerade reiner gemacht. Na, der Dreck hält wenigstens nachts warm.
Hier ist wieder ein grosser Kessel. 16 Divisionen sollen drin hängen. Dieses Mal hat der Russe jedoch auch eine Menge Artillerie mit. Auch seine Fliegertätigkeit ist reger. Aber es scheint bald mit ihm zu Ende zu sein. Dieser Kessel wird wahrscheinlich einer der letzten sein, die gebildet werden. Hoffentlich ist die Scheisse dann bald aus. Wenn ich wieder an die Märsche denke, wird mir flau.
Beim Stab ist es im allgemeinen ganz nett. Mit meinem Funktruppführer komme ich fabelhaft aus.
Dann noch eines, das ich schon einmal erfahren wollte, ist die Quetsch in Brühl? Wenn nicht, muss ich dafür sorgen, dass sie demnächst dort eintrifft!
Mir geht es ganz gut. Leider quält mich seit 2 Tagen ein Dünnpfiff Marke „Quellwasser“. Sonst alles O. K. Die Zigaretten von Dir kam mir gerade recht. Denn Mücken stürzen wieder zu Myriaden über uns. Eine Bitte: Schick’ mir bitte laufend Zigaretten!!
Schickt Briefumschläge!!