Gustav Roos an Mutter Elisabeth, 11.August 1941

Russland, am 11.8.1941

Liebe Mutter!

Zunächst einmal vielen Dank für Päckchen No. 30 und auch noch einmal für die 16, die ich vorher erhielt und die alle ankamen. Gestern erhielt ich auch 2 „Illustrierte Blätter“. Die zwei letzten Briefe von Dir stammten vom 21. und 23.7.

Nun etwas von mir: Inzwischen haben wir schon wieder Stellungswechsel gemacht, zurück über den Dnjepr und liegen nun in einem Ort, der nur wenige km von unserem vorhergehenden Quartier entfernt ist. Kein „siegreicher Rückzug“ auf englische Art war es, nein, wir gingen ohne überhaupt Feindberührung gehabt zu haben, und das ganze Gebiet drüben ist noch unser. Die Gegend, in der wir zur Zeit liegen ist märchenhaft schön. Das Dorf, völlig geräumt, ist auch ziemlich sauber. Ich wohne in einem Haus mit 2 Leutnants, einem Feldwebel und 2 Mann des Stabes zusammen.

Der Dienst lässt sich ertragen. Viel Zeit lässt er uns allerdings nicht. Wenn wir abends frei haben, wird es schon dunkel, schreiben fällt dann flach; denn woher Licht nehmen? So sitzen wir abends dann am russischen Kamin, schlürfen unseren

heissen Tee oder Kaffee, geniessen eine gute Zigarette, und dabei träumen und sprechen wir vom Ende des Feldzuges und vom Urlaub. Ja, ja, ja ..........!!

In Russland ist es nun auch schon spürbar kühler geworden. Der Himmel ist meist bedeckt und oft regnet es. Aus den beliebten Sandwüsten sind grundlose Moore geworden und das ist noch übler. Na, mir ist’s gleich, ob Sand oder Matsch, ich habe auf jeden Fall die Nase voll!! Voll von Russland und voll von Kommiss!! Oh, ich kann Euch von beiden Liedchen singen wenn ich heimkomme!! Näh, mich hat der Krieg nur enttäuscht!! All die schönen Worte, Heldentum, Kameradschaft!! Wenn ich an die „Eiserne-Kreuz-Verleihung“ denke, muss ich schon schwer an mich halten!

Alles ist mir aber egal, wenn ich einmal wieder bei Euch in Brühl sein kann! Und hoffentlich dauert das nicht mehr allzulange.

Heute morgen wurde der Kessel hier angegriffen. Die Ari schiesst wie toll und Bomber fliegen in immer neuen Wellen an. Wir sind wahrscheinlich diesmal nicht dabei, sondern bleiben in Reserve. Man nimmt an, dass dieser Kessel wohl der letz-

te ist, den wir machen. Ob wir dann weitermarschieren, steht auch noch nicht fest. Wir wollen das beste hoffen! Na, und nun will ich mal wieder Schluss machen. Es geht mir noch ganz gut! Nebenbei, ausser Euch hat bisher noch keiner gemerkt, dass ich Namenstag hatte! Von mir braucht auch keiner mehr einen Glückwunsch zu erwarten!

Nun alles Gute und die herzlichsten Grüsse!

Heil und Sieg!
Gustav.