Gustav Roos an Bruder Günther, 16. August 1941
Russland, am 16.8.1941
Lieber Günther!
Vielen Dank einmal zuerst für Deine Briefe, über die ich mich immer sehr freue. Und nun zum Thema! Geld ist eine solide Geschäftsgrundlage und in zweiter Linie eins der Gebiete, die Dich jederzeit interessieren. Kurz: Ich habe 100,- an Dich abgeschickt. Am Munde abgespartes Geld!! Und weil ich Dir nun voll und ganz vertraue, schicke ich es Dir. Was sollst Du nun damit tun? Du sollst mein Vermögen verwalten! Natürlich bekommst Du Anteile! Nun wollen wir uns mal über die Sache klar werden:
1. Du zahlst die 100,- auf Dein oder mein Postsparbuch ein.
2. Du bist bevollmächtigt, Dir wöchentlich 3,- zu Deiner eignen Verfügung abzuheben. Du kannst Dir auch 10,- Rm auf einmal abheben, bekommst aber dann die nächsten 2 Wochen nichts. Ausserdem ist mir das mitzuteilen!
3. 5,- Rm stehen zu meiner Verfügung pro Woche. Also kannst Du mir für bis 5,- etwas schicken: Zigaretten, Bonbons; aber das überlasse ich ganz Dir; wenn Du nichts bekommst ist’s auch gut.
4. Das „Vermögen“ darf 60,- nicht unterschrei-
ten. Ist der Betrag erreicht, ist das Guthaben gesperrt!
5. Monatlich, am 1., ist mir über meinen Vermögensstand Bericht zu erstatten!
6. In gewissen Zeitabständen lasse ich dann weiter Geld überweisen. Es wird auf das Guthaben eingezahlt!
So, und nun walte Deines Amtes! Sei ein guter Verwalter des Vermögens Deines älteren, in Russland darbenden Bruders! Mit dem Brief kommen 6 Photos. 4 noch von Garbatka, 2 vom Vormarsch. Weil ich alleine drauf bin, habe ich sie mit Negativ kaufen können. Die, auf denen ich nicht alleine bin, bekomme ich später, da die andern auch noch bestellen wollen!
Nachdem wir am Mittwoch zum 3. Mal den Dnjepr überschritten und Donnerstag, Freitag in südl. Richtung marschierten, haben wir heute mal wieder Ruhe und können schlafen. Und das habe ich verdammt nötig! Es geht mir noch genau so „gut“, wie schon seit 8 Wochen! Grund zu Beunruhigung ist nicht vorhanden! Hoffentlich ist die Scheisse nur bald vorbei! Unser täglicher Wunsch ist das: „Wir wollen heim, uns reicht’s!“
Dann noch etwas, ein Auftrag an Dich! Bestell’ allen Verwandten die besten Grüsse von mir. Ich kann Ihnen vorläufig
noch nicht schreiben. Ich bin froh, wenn ich die Briefe an Euch und Vater fertig habe, und mich dann flachlegen kann. Danke bitte Onkel Jupp seine Namenstagssendung (2 Päckchen und ein fabelhafter Brief, der mich besonders gefreut hat) Oma von der Schützenstrasse für ihr Päckchen, Tante Uta und Tante Agnes für die Zigaretten! Und Frau Schwerfel bitte auch für ihre Zigaretten! Sobald es möglich ist, schreibe ich allen wieder!
So und nun alles Gute und die herzlichsten Grüsse an Dich und Mutter!
Heil und Sieg!
Gustav.
Beiliegend 2,- Vorschuss!