Gustav Roos an seine Eltern, 11. Dezember 1941

Russland, am 11.12.1941

Liebe Eltern!

Ich will Euch heute noch einmal schreiben. Es geht mir noch ganz gut trotz meiner „schweren“ Verwundung. Das Leben im Lazarett lässt sich ertragen. Vor allem diese Ruhe, einmal ausschlafen! Das tut gut. Bis jetzt habe ich auch die meiste Zeit gepennt.

Morgens 6.30 wird Fieber gemessen. Das Radio spielt, wir hören die Nachrichten. Gegen 8.00 kommt das Frühstück: 3 Schnitten Marmeladebrot und Kaffee. Mittagessen um 12.00 zwei Teller Suppe und nicht mehr, das ist ziemlich knapp. Abends gibts ungezuckerten Tee und 3 Butterbrote mit Aufstrich. Ja, berühmt ist es mit dem Essen nicht. Aber das

daran zu liegen, dass hier sich noch alles einläuft. Wir haben einige deutsche Schwestern, sonst aber alles russische. Sind aber auch ganz gut.

Ganz traurig sieht es nun mit den Zigaretten aus. Wir sind soweit, dass wir aus Krüll drehen, ja, dass wir aus 3 Kippen wieder eine neue Zigarette machen. Was nun die Post anbetrifft, so könnte ich noch einmal Glück haben. Das Lazarett will nämlich versuchen, einen Teil der Weihnachtspost von der Truppe hierher zu lotsen. Wenn ich allerdings weg von hier komme, ist’s damit auch ex und die ganze schöne Post geht „zurück an Absender!“

Noch etwas zur Post: Da ich nun absolut nicht weiss, was mit mir

geschieht, ob ich bald zur Truppe komme, ob ein Transport mich weiter nach hinten nimmt, oder ob ich hier bleibe, muss ich Euch wohl oder übel bitten, mir vorläufig nichts zu schreiben, oder mindestens nichts zu schicken, bevor ich wieder eine feste Adresse habe! Schön ist das ja gerade nicht für mich, aber es hängt ja alles in der Luft. Na, auf jeden Fall besser hier im Bett liegen, als draußen in der Kälte Wache schieben! Gerade haben wir die Rede des Führers gehört: Amerika!! Die Landser hier haben alle einen unerschütterlichen Optimismus. Mich aber überläuft es kalt, wenn ich an all das denke, was wir noch vor uns haben. Und wielange mag die Scheiße noch dauern?!!

Na, nun mal wieder ad finem! Ich wünsche Euch alles Gute und sende Euch, Günther und den Omas die herzlichsten
Grüsse!

Heil und Sieg!
Gustav