Gustav Roos an seine Eltern, 16. Dezember 1941
Russland, am 16.12.1941
Liebe Eltern!
Noch immer liege ich im Lazarett von Kaluga. Mein Loch im Kopp beginnt zu heilen und auch mein rechtes Füsschen. Mit diesem hatte ich nämlich auch etwas Pech. 34°- kann er nicht gut vertragen. Aus Protest gegen solche Kälte begann er etwas einzufrieren. Erst als ich im Lazarett, als ich die Stiefel auszog, stellte ich das fest. Es war mein dicker Zeh und die Ferse, ausserdem hatte ich mir über der Ferse noch etwas wund gelaufen. Die Erfrierungen sind bei mir ersten Grades, also nicht schlimm und schlimme Folgen nicht zu erwarten.
Außerdem habe ich zur Zeit noch einen Durchfall. Hätte ich den gestern nicht gehabt, läge ich nicht mehr hier, sondern befände mich heute auf der Fahrt in den „goldenen Westen“. So komme ich erst mit dem nächsten weg.
Hoffentlich geht nur der Lazarettzug bald von hier weg!! und hoffentlich komme ich dann möglichst weit nach Westen! Russland kommt mir ganz hoch zum Halse heraus.
In Deutschland möchte ich nämlich auch einmal gerne meine Zähne in Ordnung bringen lassen. Eine Folge der „Konservenernährung“ war nämlich, dass bei mir zunächst einmal sämtliche plombierten Zähne ihre
Plomben verloren. Dann fingen die faulen Zähne an peu à peu abzubröckeln. Diese Schäden müssen unbedingt behoben werden.
Wenn ich weiter nach hinten komme, ist es dazu auch eher möglich, einmal auf Urlaub zu kommen und das möchte ich ja mal unbedingt!!!
Im übrigen geht es mir ausgezeichnet. Mein Appetit lässt nichts zu wünschen übrig. Wegen meines Durchfalles bekomme ich zur Zeit Diät, d. h. kein Kommissbrot sondern leichte und meist süsse Suppen. Das ist das richtige für mich.
Ich wüsste ja gerne einmal, was Ihr macht und wie es Euch geht. Ist Vater zu
Haus? Er wollte ja Ende November in Brühl eintreffen. Hoffentlich hat ihm alles gefluppt!
Schreiben und schicken ist ja zwecklos, solange ich noch keine feste Adresse habe. Damit müsst Ihr noch etwas warten.
Jedenfalls hoffe ich, dass Ihr noch alle gesund und munter seid und gut über die Feiertage hinüber gekommen seid!
Ich wünsche Euch, Günther, den Omas und allen anderen Verwandten alles Gute.
Heil und Sieg!
Gustav