Gustav Roos an Mutter Elisabeth, 29. April 1942
Russland, am 29.4.1942
Liebe Mutter!
Heute ist wieder mal ein Ruhetag! Gott sei Dank! Der ganze Marsch steht unter dem Motto: „Russland ganz verrückt!!“ Zuerst das Wetter! Am 1. Tag über 20° im Schatten, am folgenden Regen und eine verfluchte Kälte. Aber trotz Regen und Sonnenhitze hielt sich der Schnee manchmal noch. Und gestern marschierten wir nun im Frost und im Schneetreiben. Heute morgen liegt etwa 10 cm Schnee. Und wo einmal kein Schnee liegt, versinkt man im Matsch! Zweitens die Rollbahn: Teilweise ist sie ganz gut, hinter Roslawl war sie sogar asphaltiert, wie die Kurfürstenstr. Teilweise, und das die grösste Hälfte, ist sie Matsch, zäh, gummiähnlich oder wie eine Sauce. Das Waten dadurch macht natürlich Spass. Dann kommt der Marsch an sich. Weisst Du, im vorigen Jahr bin ich doch wahrhaftig genug getippelt und ich dachte mir, schlimmer kann es nie mehr kommen. Aber es kam. 100 % schlimmer. Mit Gepäck, es ist
eine Katastrophe. Gestern z. B. über 40 km mit all dem Klimbim, den man im Felde bei sich hat, Tornister, 2 Decken, Mantel, Brotbeutel, Spaten, Gewehr u. s. w. Gestern um 8.00 kamen wir an im Quartier, fertig, ausgepumt, erledigt. Die Schultern sind gefühllos vom schweren Tornister, alle Beinmuskel schmerzen. Heute ist nun ein Ruhetag, verdient, wie Du hörst, und morgen machen wir dann die letzten 40-50 km bis zum Regiment. Und dann kanns wieder losgehen, wie einst.
Die „Löwen“ haben wieder, allerhand geleistet, vom Jägerbataillon hast Du vielleicht gehört, von seinem tollen Angriff! Ein Regiment schlägt 3 Divisionen mit Artillerie, Panzern und allen Schikanen!! Ein ganz dolles Stück!
Ich hoffe nun, dass es vorne nicht allzu traurig aussieht und dass es bald einmal Urlaub gibt!!! Ich schreibe dann sobald wie möglich wieder!
Nun alles Gute und die herzlichsten Grüsse an Euch alle!
Heil und Sieg!
Gustav