Gustav Roos an Vater Toni, 3. Juni 1942
Russland, am 3.6.42
Lieber Vater!
Gestern habe ich von Mutter Deine Adresse bekommen. Nun kannst Du wieder Post von mir bekommen!
Nun kurz, was sich seit meinem letzten Brief ereignet hat. Ostermontag kam meine Versetzung zum Marschbatl. nach Goslar heraus. Es folgten noch 10 schöne Tage in diesem wundervollen Städtchen. Die Tatsache, dass ich während dieser Zeit fast 150,- ausgab, kann Dir Gewähr sein, dass ich noch einmal göttlich gelebt habe. Nur 2 x war ich in der Kaserne essen. Sonst eben im Hotel, und zwar Austern, Pilze u. ä.
Ja, und am 17. ging die Fahrt los. Es war aber alles zu schnell, denn am 21.4. waren in Roslawl. Von da aus noch eine Woche Marsch und wir waren am Ziele angelangt.
Die Briefe, die Mutter Dir geschickt hat, haben Dir wohl
schon das meiste erzählt. Na, kurz gesagt, Fomino, so hiess der nette Ort, war schwer Scheisse. Der Russe machte zwar, solange ich da war, keine Angriffe, aber er setzte uns täglich mit seiner Artillerie Brocken vor die Nase, dass wir leicht gerührt waren.
Vor 2 Wochen machten wir einen Stellungswechsel und sitzen nun etwa 2 km östlich noch immer an der Rollbahn. Hier versuchte der Russe vor 3 Tagen einen Angriff, bekam aber ein solches Feuer, dass er schleunigst seine Pfoten zurückzog. Seitdem herrscht wieder einigermassen Ruhe.
Ich liege z. Z. etwa 100 m nördl. der Rollbahn, etwa 400-500 südl. sind die Stellungen der Russen. Trotzdem kann man sich hier einigermassen bewegen, den die Rollbahn läuft über die Höhe, und so sind wir hier nicht einzusehen.
Einen Fehler hat die Sache: Der Russe setzt in letzter Zeit Flieger ein; man kann nur staunen. Meist engl. Muster. Tagsüber kommen sie an und in der Nacht reisst ihre Kette
nicht ab. Das ist natürlich unangenehm!
Mir geht es tatsächlich ausgezeichnet. Die Verpflegung ist tadellos. Zum ersten Mal bekommen wir auch anständig Rauchwaren. Oft können wir Sekt, Liköre und Cognac kaufen. Das hebt natürlich die Stimmung.
Das, was das Regiment im Winter durchgemacht hat, hatte zur Folge, dass viel von dieser übertriebenen Zackigkeit flachfiel. Jetzt kann man es ertragen. Der Winter hat viele Verluste gefordert, so dass wir zu einem kleinen Häufchen zusammen geschmolzen sind. Trotzdem löst man uns nicht ab. Wenn wir auch nun noch soeben noch in der Lage sind eine Stellung zu halten, so ist es jedoch unmöglich, grossartige Offensiven mit uns zu machen.
Urlaub gibt’s auch! Pro 10 Tage fährt ein Mann und zwar die Leute vom Stab, die noch nicht auf Urlaub waren.