Gustav Roos an Mutter Elisabeth, 1. August 1942
Russland, am 1.8.1942
Liebe Mutter!
Vielen Dank für Deine Namenstagsgrüße, wenigstens schon für die brieflichen. Die handgreiflichen sind noch nicht hier. Aber heute kommt ja wieder Post!
Der Satz: „Du hälst mich ja hoffentlich auch auf dem Laufenden!“ klingt ja so, als trautest Du mir nicht mehr. Aber so gern es mir leid tut: Ich kann Dir nichts anderes berichten! Noch immer das alte: Fernsprecher und Funker bei der 1. Kmp. Vorgestern schien es so, als lägen wir auf meinem Namenstag wieder auf Achse. Aber der Kelch ging an uns vorüber, vorläufig; denn einmal ist es ja doch so weit, dass wir wieder tippeln, wenn auch nicht so doll wie im Vorjahr. Mein herrlicher Bruder schreibt
mir bemerkenswert pünktlich aus seinem R.A.D. Er tut das aber auch lediglich deswegen, weil es ihm die reinste Wonne ist, mir immer wieder mitzuteilen, dass meine frommen Wünsche nicht in Erfüllung gehn. Gestern bekam ich einen „durchgeschmuggelten“. Drunter stand: „Brief verbrennen. Händewaschen!“ So’n Idiot! Abgeleckt habe ich jeden einzelnen Finger!
Na, mir geht es noch ausgezeichnet. Ich schiebe noch immer die bekannte Kugel bei der Kmp. Gestern war ich mal zurück beim Tross und habe meine Klamotten in Ordnung gebracht. Danach ging ich zur Sauna. Weißt Du was das heißt? Du sitzt auf einer Bank unter der Decke, glühend heißer Dampf quillt in dichten Wolken um Dich, atmen ist eine
glatte Unmöglichkeit, du schwitzt, dass das Wasser in Strömen am Körper herunterläuft. Dann wird sich abgeschrubbt, heraus, und der beinahe Blut schwitzende Körper wird mit einem Kopfsprung ins kalte Wasser der Ukra gestürzt. Und das soll eine Erholung sein! Das wäre etwas für die Folterkammer der G.P.U. Aber nachher fühlt man sich wie neugeboren! Zwei Mal wöchentlich gehe ich immer zum Rgt. runter und schwimme im See. Tadellos! Wie im Strandbad! Wir haben dort ein Sturmboot, einen Floßack, und juckeln auch mit diesen Sachen durch die Gegend.
Im übrigen geht es mir wie Dilldapp. Ich bekomme tatsächlich Hängebacken, kurz, ich fühle mich sauwohl!
Hart gekämpft wird zwar. Aber weniger gegen den Russen, der ist noch immer ganz brav, als vielmehr gegen gegen Mücken und Fliegen, beide in unmöglichen Mengen da. Ein harter, aber leider völlig aussichtsloser Kampf. Im übrigen wird geimpft und Malariapillen geschluckt. Soviel für heute! Wenn ich die Päckchen erhalte, schreibe ich wieder!
Alles Gute und die herzlichsten Grüße sende ich Dir, den Omas und Tante Uta!
Heil und Sieg!
Gustav
Wenn es möglich ist, sieh’ einmal bitte zu, dass Du mir etwas Briefpapier und Couverts schickst. Hier bekommen wir vorläufig keins und deshalb sitze ich bald auf dem Trockenen.