Günther Roos an Mutter Elisabeth, 15. Juli 1942
Kamperfehn, den 15.7.42
Liebe Mutter!
Heute kann ich Dir nun mal tüchtig schreiben. Ehe Du nun anfängst zu lesen, bitte ich Dich, Zuerst Dich zu setzen. In unserer Bude ist Scharlach ausgebrochen und wir sind eingesperrt. Ein Leben haben wir, wie ein Gott in Frankreich. Wir liegen im Bett, lesen, rauchen und wälzen Probleme. Angst zu haben brauchst Du nicht, denn es geht mir noch sauwohl, und ich fühle mich noch kerngesund. Denke daran, daß zweimal ein Nebenmann von mir in der Klasse an Scharlach krank war. Schreiben ist uns nun streng verboten. Ich sehe aber, daß ich diesen Brief durchschmuggeln kann, denn wir dürfen die Stube nicht verlassen. Essen bekommen wir vor die Tür gestellt, und ähnliche Scherze mehr. Also, beunruhige Dich nicht, wenn längere Zeit keine Nachricht von mir kommt. Denke daran, daß ich so die Ausbildungszeit gemütlich herum bekomme. Jetzt zuerst noch etwas Dienstliches. Ich habe hier eine Raucherkarte erhalten, musste aber unterschreiben, daß ich die alte abgegeben habe. Das hast Du doch auch getan, soviel ich weiß. Oder nicht? Ich bitte dich aber, schicke
mir etwas zu rauchen, denn was soll man anders tun als rauchen. Also nochmals, keine Beunruhigung! Ich fühle mich jetzt mehr als sauwohl. Post habe ich bisher von Dir noch nicht erhalten. Schreibe mir doch mal bitte, was es in Brühl Neues gibt. Wie ist die Sache mit Weber und Genossen ausgegangen? Was macht Gustav und Vater? Ich glaube, ihr habt mich alle total vergessen. Aber das hoffe ich doch nicht. Mir geht es sonst, wie schon mehrmals gesagt, ganz gut, und jetzt noch besser. Der Dienst war bisher immer gut. Um 6 Uhr Wecken, bis 6.15 Frühsport, dann Bettenbau u.s.w., dann Frühstück. Jetzt folgt Ordnungsdienst, Unterricht, Singen, Arbeitsdienst. Das Exerzieren fiel aber meist wegen schlechtem Wetter aus, und die Schlacht fand im Saale statt. Soweit für heute, denn ich will Dir schnell noch diese Nachricht schicken. Ich hoffe, daß ich bald von Dir Nachricht bekomme.
Also, alles Gute und
Sieg Heil
Günther