Günther Roos an seine Eltern, 4. Juli 1943

Celle, den 4.7.43

Liebe Eltern!

Heute geht es mir mal wieder tadellos. Ich habe bis 1/2 10 geschlafen, und bin so wieder einigermaßen ins Gleichgewicht gekommen. In der letzten Woche hatte man ja schwer mit uns den Molli gemacht. Die Nachtübung in der Batterie war noch das harmloseste. Das tollste startete am Donnerstag Abend Um 1/2 10 Uhr abends zogen wir los nach Boye. Mit dem Leben hatten wir schon alle abgeschlossen. Vater kann ja bestätigen, wie wir gesungen haben. Ehe wir abmarschierten, sagte uns der Battr. Chef, wir sollten nur nicht schlapp machen, denn uns stünde allerlei bevor. In der gleichen Verfassung wie der Deliquent zum Galgen geht, zogen wir zum Pi-Schuppen. Hier standen 4 Werfer bereit. Es wurde uns mitgeteilt, daß wir mit diesen Instrumenten nach Bergen, d.h. 35 Km trotten müssten. Als wir das hörten, wurde es uns doch anders. Wir hatten schon so etwas geahnt aber nicht geglaubt. Stur wie Oskar trotteten wir los. Es war 1/2 11 Uhr. Ohne

Pause ging es immer weiter. In Rekordzeit haben wir das Kind geschaukelt. Schon 3.15 hatten wir 30 km hinter uns und erreichten den Stadtrand von Bergen und machten Pause in einem Bauernhof. Rein in den Pferdestall und gegrunzt. So wie wir waren schliefen wir in voller Montur zwischen den Pferden ein. Daß in der Zwischenzeit die Pferde herausgeschafft wurden, habe ich nicht gemerkt. Um 7 Uhr ging es dann weiter in die Feuerstellung. Hier wurden wir noch vom Abteilungskommandeur im Werferexerzieren besichtigt. Wegen unserer fabelhaften Leistung, pro Stunde 6 km, also mehr als die gewöhnliche Marschleistung, die selbst die hohe Führerschaft für unmöglich gehalten hatte, durften wir mit der Bahn zurückfahren. Um 10 Uhr kamen wir am Freitag abend wieder in Celle an, von der ganzen Abteilung mit Spannung erwartet. Jetzt werden wir bewundert und wir sind auf unsere Leistung stolz wie der berühmte Pferdeköttel.

Wie geht es denn noch in Brühl? Schicke mir die Wäsche, die ich Vater mitgegeben habe bitte so schnell als möglich wieder zurück.

Alles Gute und die besten Grüße

Heil und Sieg
Günther