Günther Roos an Mutter Elisabeth, 12. September 1943
O.U., den 12.9.1943
Liebe Mutter!
Heute, an dem berühmten Tag des Herren komme ich mal wieder dazu, Dir zu schreiben. Wie nicht anders zu erwarten war, geht es mir tadellos.
Na, dafür bin ich ja auch bei der Nebeltruppe. Der einzige Nachteil ist das ewige Zigeunerleben. Es vergehen keine 24 Stunden an einer Stelle. Immer wieder Stellungswechsel. Man kommt so natürlich zu nichts. Lästig ist dabei die Quartierssorge, wo man die Nacht über bleibt. Sie wurde aber bisher noch immer mit Erfolg gelöst. Dieses Zigeunerleben hat aber auch einen riesigen Vorteil: Die Ernährungslage ist 100 % sichergestellt. Man kann so manches organisieren, und auf dem LKW von vorne mitnehmen, was den Infanteristen eben unmöglich ist. In den 10 Tagen, die ich jetzt hier bin, hat die Küche 2 Hammel und 1 Rind zusätzlich der gewöhnlichen Verpflegung geschlachtet. Bei unserer Stärke von 24
Mann fällt da natürlich für jeden ein ordentlicher Batzen ab. In Punkto Fleisch komme ich also voll und ganz auf meine Kosten. Die Hühner, die man noch privatim um die Ecke bringt, zählen natürlich nicht zur offiziellen Verpflegung. Weitere "Zusatzkost" bilden Milch und Honig. Dem Russen darf eben nichts in die Finger fallen, und es wäre schade, wenn diese guten Sachen alle verkommen würden. Über die Lage ist nicht viel zu berichten. Der Russe greift an, wir gehen elastisch in die vorbereiteten Stellungen zurück und Iwan hat daher tolle Verluste. Die einzige vernünftige Kriegsführung. Mit Italien ist ja auch noch mal gut gegangen. Haben vorgestern abend noch die Führerrede gehört- Radio haben wir nämlich auch-. Es ist doch phantastisch, welche Siegeszuversicht der Mann hat, und sie steckt unwillkürlich an. Hier ist auf jeden Fall die Stimmung tadellos. Was ich nun hier mache? Wir sorgen mit der Kolonne dafür, daß vorne bei den Batterien immer genügend Munition vorhanden ist.
Wie schon gesagt, geht es mir tadellos, und Du brauchst Dir absolut keine Sorgen zu machen. Aber nun einige Wünsche: Schicke mir bitte noch 1 Garnitur Unterwäsche, da ich wegen dem Ungeziefer öfter wechseln möchte. Dazu Handschuhe und Pulswärmer. Dann das Wichtigste: Setze Himmel und Hölle in Bewegung, um ein Feuerzeug zu bekommen. Benzin und Dochte habe ich genug, es fehlt nur das Feuerzeug und die Steine. Nun will ich aber schließen. Alles Gute zum heutigen Sonntag, viele Grüße und
Heil und Sieg!
Günther
Viele Grüße an Familie Sutschka!