Günther Roos an Mutter Elisabeth, 10. Oktober 1943
Im Osten, den 10.10.1943
Liebe Mutter!
Sonntag! Der Tag des Herrn! Und wirklich, es ist mir danach zu Mute. Wir haben Ruhe und liegen jetzt schon 8 Tage in der selben Bude, die jetzt her lieh wohnlich ist. Man fühlt sich wie zu Hause. Haben eben gegessen: Ein riesiges Stück Schmorbraten mit Nudeln und Salzkartoffeln. Danach Pudding. Zum Frühstück habe ich 2 Spiegeleier und Gehacktes mit Brot drunter gegessen. Vor dem Essen war ich in der Sauna und jetzt fühle ich mich mit einem Wort sauwohl. Sitze augenblicklich am Fenster, vor mir liegt das russische Land im Sonnenschein, das Radio spielt das deutsche Volkskonzert und mir geht es gut.
Gestern habe ich einmal richtig erlebt, was Krieg eigentlich heißt. Bekam den Auftrag, Munition mit 2 LKWs nach vorn zu bringen. Als ich zurückfuhr, dämmerte es schon und leiser Regen fiel. Um abzukürzen fuhr ich über eine Nebenstrecke zurück. Ein Treck Flüchtlinge war vorübergezogen. Was nicht mitkam, blieb zurück. Alte Frauen schleppten ihre Habe auf dem Rücken, fielen, rafften sich auf und blieben im Graben liegen. Was ging, habe ich bis zur nächsten Stadt mitgenommen und bin zigmal gesegnet worden. Das war die Grausamkeit des Krieges. Aber alle Mühen nehmen die Leute auf sich, nur kein Bolschewismus mehr! Es stimmt schon, was unsere Propaganda geschrieben hat. Nun will ich aber schließen. Alles Gute und viele Grüße an alle Verwandten
Heil und Sieg!
Günther