Günther Roos und Mutter Elisabeth an Vater bzw. Ehemann Toni, 16. Februar 1944

Rollshausen, den 16.II.44

Lieber Vater!

Erhielt heute einen frechen Brief aus Zyradow zurück und einen gemeinen Brief aus Paris. Erstens zum frechen Brief: Meinen Standpunkt über die ewigen Anpöbeleien habe ich Dir ja im ersten Brief schon klargemacht. Zweitens zum gemeinen Brief: Er erinnert mich stark an das klassische Altertum, speziell an Tantalus bzw. an das tiefe Mittelalter mit seinen christlichen Foltermethoden.

Nun zum speziellen Teil dieses Schreibens. Heute morgen war der Onkel Doktor im Lazarett- das erste Mal seit drei Wochen-, untersuchte mich, d.h. sah mal kurz über die Brille auf meinen Fuß und sprach alsdann den schwerwiegenden Buchstaben E quod est entlassen. In der Kirche sagt man: Ite, missa est

woraufhin das fromme Volk erwiedert: Deo gratias. Also auch ich, denn die „herrliche, ländliche Ruhe“ fällt selbst meiner starken Natur langsam auf die Nerven. Vom Lazarett werde ich gleich auf Genesungsurlaub geschickt. Denke, daß ich vom 22.2. bis 9.3. in Brühl sein werde. Wenn möglich komme! Grund: Rückkehr eines schwerverwundeten Sohnes ( 3 Monate Lazarett) aus Rußland!! Also sieh was sich machen läßt! Kann Dir dann auch den genauen Hergang am 22.11. erzählen. Wollte ich es schreiben, gäbe es einen Kurzroman.

Alsdann habe ich einige Bitten an Dich: 1.) schriebst Du einstmals von einer Pfeife, die Du mir käuflich erwerben wolltest. Könnte sie jetzt gut gebrauchen.

2.) brauche ich eine Geldbörse. 3.) einen Hosenträger, da meinen jetzt ein Russe tragen wird. 4.) brauche ich Filme für den Apparat. Also lasse mal Deinen Geist und Großmut spielen.

Es geht uns nach wie vor tadellos. Die Olle hat sich auch gut erholt. Nun will ich einmal schließen und noch etwas Platz für Mutter freilassen.

Alles Gute und

Heil und Sieg!
Günther

Mein lieber Tony!

Habe gestern Deinen Brief erhalten und ebenfalls 1 Pf. Butter. Vielen Dank Die Butter können wir sehr gut gebrauchen. Heute war nun der Arzt im Lazarett und wird Günther Montag-Dienstag entlassen. Ob ich nun mit Günther fahre oder einige Tage früher, ist noch nicht bestimmt. Ab Dienstag, den 22.2. sind wir dann wieder in Brühl. Wie ist es nun mit Dir, kannst Du dann auch auf ein paar Tage kommen? Brauchst Dir ja nicht sofort Deinen ganzen Urlaub nehmen. Sonst kommst Du aber bestimmt, wenn Günther seinen Jahresurlaub bekommt, denn den will er sich beim Ers. geben lassen. [Zusatzbemerkung Günther Roos: Bekommen fraglich!] Also sieh mal zu, ob Du jetzt wenigstens einige Tage kommen kannst. Sonst kann ich dir von hier nicht viel berichten. Ich bin Freitag schon 14 Tage hier und hat mir die Ruhe einmal gut getan. Ab nächster Woche geht es wieder in den Keller. Wenn ich in Brühl ankomme, schreibe ich Dir sofort. Für heute also alles Gute u. herzliche Grüße und Küsse Lieschen