Günther Roos an Mutter Elisabeth, 25. Dezember 1944
Preischeid i.d.E., den 25.12.44
Liebe Mutter!
Weihnachten! Was alles liegt in diesem Wort! Friede, Ruhe, Heimat und Kindheit. Man sieht, wie man als Kind ungeduldig die Stunden bis zur Bescherung zählte, wie man staunend vor dem Baum stand, die Geschenke betrachtet, wie man dann abends in die Christmette ging. All das steht wieder auf bei dem Wort Weihnachten.
Dieses Jahr feierte ich auch ein nettes Fest. Nach dem Angriff am 16.12. lagen wir ja wieder in Ruhe. Am 22. wurde ich als Ablaufoffizier abgestellt. Hatte die Aufgabe, den Marsch einer Panzerdivision zu regeln. Bis zum 24. mittags war ich unterwegs. „Zu Hause“ angekommen habe ich mich gebadet und frische Wäsche
angezogen. Wie mein „Zu Hause“ aussieht? Preischeid ist ein Grenzdorf am Nordzipfel von Luxemburg. Die Zivilbevölkerung ist evakuiert. In einem leeren Haus habe ich nun mein Junggesellenheim eingerichtet.
Nach dem Bad machte ich einen Spaziergang über die Höhe. Vor mir lag die Eifel mit seinen weißen Tannenwäldern, ein strahlend blauer Himmel über dem Land. Weihnachten!
Abends war zuerst eine gemeinsame Weihnachtsfeier mit Bescherung. Viel konnten wir den Leuten ja nicht geben. Rauchwaren, Plätzchen und eine Flasche Wein, das war alles. Dann sangen wir einige Lieder und hörten die Rede von Goebbels. Anschließend saß ich dann noch bis Mitternacht mit den Leuten in den Quartieren zusammen.
Um 12 Uhr kam der Chef und Leutnant Gerlach
in meine Wohnung, wo wir noch die gute Flasche von zu Hause wie versprochen tranken. Das war mein Weihnachten.
Es geht mir noch immer sehr gut. Heute will ich Dir auch schreiben, daß ich mal wieder einen verplättet bekam. Beim Angriff am 16. erhielt ich einen Streifschuß in die rechte Hüfte. Es verheilt aber alles tadellos, so daß zu Beunruhigungen kein Anlaß ist.
Diesen Brief gebe ich einem Mann der Batterie mit, der gleich nach Celle fährt Hoffe, daß er Dich so schnell erreicht.
Zu Neujahr wünsche ich Dir alles, alles Gute, und daß Dir 1945 die Erfüllung Deiner Wünsche bringen möge.
Viele herzliche Grüße auch an Oma.
Günther