Die Feldpostbriefe der Familie Roos: „Als Soldat gehöre ich nur noch meinem Führer“
Der Briefwechsel der Familie Roos aus der rheinischen Kleinstadt Brühl zeichnet sich durch eine erhebliche inhaltliche Spannbreite aus, denn der 1895 geborene Vater Anton Roos und seine Söhne Gustav (*1921) und Günther (*1924) waren nicht nur zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Orten im Kriegseinsatz, sondern in vielen Fragen auch gänzlich andere Charaktere mit unterschiedlichen Blickweisen auf die Dinge über sie schrieben.
Anton Roos hatte früh zur NSDAP gefunden, ohne allerdings im Kern ein politischer Mensch zu sein. Er wollte vor allem das Leben genießen, auch wenn das auf Kosten anderer geschah. Als er ab 1938 bei der „Organisation Todt“ beschäftigt war und vor allem bei Arbeiten am „Atlantikwall“ in Nordfrankreich, 1941 aber auch zeitweise in Polen und der Ukraine eingesetzt war, gebärdete er sich wie ein wahrer Besatzer im Selbstbedienungsladen, beutete Land und Leute aus und scheute während seines Aufenthalts im Osten auch nicht vor extrem antisemitischen Äußerungen zurück – Dinge die er in Briefform allesamt nach Hause mitteilte.
Gustav Roos hatte nach Abitur und Reichsarbeitsdienst ein Architekturstudium in Hannover aufgenommen, ehe er zur Wehrmacht eingezogen und schließlich an der Ostfront eingesetzt wurde. Hier erlebte er Schlimmes, das er in seinen Briefen und in einem Tagebuchfragment zu verarbeiten versuchte, ehe er dort Ende Oktober 1942 ums Leben kam.
Sein jüngerer Bruder Günther hatte ein völlig anderes Naturell. Zupackend und lebenslustig, überzeugter Jungvolk-Führer und schließlich begeisterter Nationalsozialist und überzeugter Antisemit, zog er nach seinem Abitur 1942 zunächst in den Reichsarbeitsdienst und direkt anschließend mit Begeisterung in den Krieg, den er bis zum Schluss aktiv mitmachte.
Zuhause in Brühl blieb die 1895 geborene Mutter Elisabeth zurück, an die die meisten der Briefe gerichtet waren und die sich in steter Sorge um ihren Mann und insbesondere ihre Söhne befand.
Über Familie Roos und ihre einzelnen Protagonisten liegt eine ausführliche Untersuchung vor, die auch online verfügbar ist. Außerdem sind hier neben einer ausführlichen Lebensgeschichte von Günther Roos auch dessen umfangreiches Tagebuch sowie Tagebuchaufzeichnungen seines Vaters aus dem Jahr 1940 und das Tagebuchfragment seines Bruders Gustav einzusehen.
Sämtliche Unterlagen werden im Original im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln aufbewahrt.