Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 24. Juni 1945

Köln-Dellbrück, 24. Juni 35.

Mein lieber Rudolf!

Nun sollen auch gleich zwei Briefe nach Berghein gehen, ich habe gerade nach Bethl. geschrieben, daß ich am 6. Juli nach dort komme! – Nun mein Kind, wie ist es? Nun haben wir aber Sommer! Schön warm ist es. Euch wird es ja sehr heiß sein, was. Habt Ihr viel Durst? Könnt Ihr des Nachts gut schlafen? Ich denke viel an Dich! Ich mache mir doch Sorge. Macht der Koch jetzt auch schon mal kühle Speisen? Man meint immer, man könnte doch am besten für das Kind sorgen! Es muß auch Sommer werden, damit alles reift! – Du warst gerade am Donnerstag fort, da war Anheit[?] zur Oma gekommen, um Dich abzuholen! Schade, nicht? Was macht denn das Sportfest? Trainiert Ihr tüchtig? Hoffentlich habt Ihr gutes Wetter. Mein Junge, nun sei nicht böse. Was sollte ich besorgen? Eine Signalpfeife und ??? – Ich habe es ganz vergessen! –

Ich war ja Sonntag zu Scharrenbroich. Er machte mir das Angebot, dort alles zu übernehmen, und meine Ansprüche zu stellen! Er ging mit durch den Garten, um mir alles zu zeigen an Obst u.s.w. Ich habe mir Bedenkzeit ausgebeten und gehe gleich hin um ihm Bescheid zu bringen. Ich lehne ab. Erstens, wegen Dir! Du bist mir doch das Liebste + Wichtigste, und ich möchte Dir das Heim nicht nehmen. Du sollst Dich freuen, nach Hause zu kommen und ich möchte so viel wie möglich für Dich da sein. Das hörte dann auf. Dann müßte ich meine Selbstständigkeit aufgeben, was mir auch nicht leicht würde + dann: Wie lange dauert das Alles? Und ich würde wohl mit den Kindern nicht fertig. Soll ich mich dann nur immer ärgern? So leid es mir ja tut! Aber ich habe nur Dir gegenüber zuerst Pflichten.

Gesundheitlich geht es mir gut. Gestern war ich den ganzen Tag bei Oma im Garten in der Sonne, das hat mir

gut getan. Kannst Du mein Geschreibsel auch lesen? – Im Geschäft ist wenig Arbeit. Frl. Maus ist in Ferien! Da kann ich im Hause mal alles ordnen. Man hat ja immer zu tun. –

Am Donnerstag zieht T. Stina um. Dann bin ich allein noch in der Thurnerstr. – Was mag Vater wohl machen. Man hört + sieht nichts. – Ah, nun weiß ich, Karten soll ich besorgen, nicht wahr. Am 4.7. hat [..] seine 1. Geburtstagsfeier. Es soll gefeiert werden. Eben war sie hier. Ich mache ihr das Kleidchen.

Sonst gibt es hier nichts Neues. Bleibe gesund + froh + zufrieden. Ich sende Dir viele liebe Grüße + einen treuen Kuß
Deine
Mutter.

Nicht wahr, wir denken zusammen an Vater und beten für ihn. Denkst Du schon mal an den Brief, von dem ich sprach? Ja, mein Kind. Bist Du auch fröhlich?
Immer die Deine