Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 28. September 1939

Köln-Dellbrück, 28. Sept. 39

Mein lieber, großer Junge!

Zu meiner größten Freude erhielt ich gestern Nachmittag Deinen lb. Brief! Ich hatte schon Sorge, da ich schon über 8 Tage nichts gehört hatte. Wo man im Westen immer von Artillerietätigkeit liest! Gott sei Dank, daß Du gesund bist! Auch über das Andere bin ich beruhigt! Bleib tapfer! –

Ja, mein Kind mit den Paketchen wird das ja nun knapp. Chocolade gibt ja auch hier nicht mehr. Und alles auf Bezugschein. In den Zeitungen, die ich Dir schicke, siehst Du ja die Mengen, für eine Person ist es nicht zuviel. Brot gibt es ja reichlich, + Obst + Kartoffeln sind frei! Also du siehst, auch die Heimat opfert! Wir tuen es gern, wenn nur unsere Jungens alle bald wieder gesund nach Hause kommen. Das ist unser tägliches Gebet! –

Gott sei Dank bin ich auch wieder auf dem Damm. Heute früh war ich zum Arzt. Die Wunde am Bein heilt schön! Sonst bleibe ich noch in Behandlung! Ich arbeite wieder.

Eben war ich bei Herrn Kirste. Ich habe ihm circa 5 Pfd. schöne Pfirsiche gebracht + Deine Kittel geholt! Ich soll schön grüßen. Er will selbst schreiben. Her Nottbrock ist noch in Düsseldorf, hat in den nächsten Tagen Besichtigung. Er ist bei der Panzerabwehr! Ob alle das Examen bestanden haben, wußte H. K. nicht, er glaubt aber doch! H. Radermacher ist noch in der Hansa-Export. Du allein bist weg. Dr. Weber hat Herrn Kirste gesagt, wenn Du nur mal für einen Tag kommen wolltest,

könntest Du sofort das E. machen. Hoffentlich hast Du doch Glück! Wir wollen Gottvertrauen haben. Ich habe H. Kirste mal meine wirtschaftliche Lage klargelegt. Ich dachte, er könnte mir auch monatlich etwas geben wo Du doch so treu gearbeitet hast! Alle Firmen tun doch etwas. Tante Finchen hat vom Carlswerk neben der Unterstützung schon 25 Mk. vorläufig bekommen. Na, mal abwarten. Ich werd ja nicht verhungern. Wir müssen dann eben wieder anfangen, wenn Du zurückkommst! Ich lege Dir Margas Karte bei. Was sagst Du nun? –

Also mein Junge, nun wünsche ich Dir weiter alles Gute, und komme bald wieder. Herr Reuland läßt viel grüßen. Der junge Mann ist auch eingezogen. Er bekommt Frau Schneider als Hilfe. H. Kirste hat einen sudetendeutschen Herrn da.

Nun soll ich grüßen von allen Verwandten, auch von Tante Marie! Ich grüße + küsse Dich herzlich,
Deine treue Mutter.