Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 5. Februar 1941

Berg.-Gladbach, 5. Febr. 1941

Mein lieber Rudolf!

Zwei liebe Briefe erhielt ich von Dir, und zwar vom 25. + 26.1. Ich danke Dir sehr dafür, habe ich doch nun wieder etwas mehr von Dir gehört. Die Hauptsache ist ja, daß Du gesund bist. Ich freue mich, daß Dir das Skilaufen so viel Freude bereitet! Aber zuerst muß ich ja gratulieren, zu Deiner Ernennung. Mein Junge, ich freue mich so sehr für Dich, nicht so sehr wegen der Ernennung an sich, als vielmehr darüber, daß man Dich nicht zurücksetzt. Das war immer mein Gedanke, und es wäre ja auch meine Schuld gewesen, und das hätte mir um Dich leid getan, ich hätte mich Dir gegenüber schuldbewußt gefühlt. Ja mein Kind, wenn man älter ist, sieht man alles mit ganz andern Augen. Möge Dein Leben so gestaltet sein, daß Du später nichts zu bereuen hast! Sei auf der Hut vor Dir selbst. Mein Junge, ich meine es gut, und möchte Dir ersparen, was mir das Leben bitter + schwer gemacht hat! Ich hätte stark sein sollen. Aber nun ist es zu spät solche Betrachtungen anzustellen. Und beim Vater wird es auch so sein. Nun müssen wir, die Eltern, vor Dir die Augen niederschlagen. „Vergib uns!“ Ich will Dir helfen, so viel ich kann, damit Du einen ordentlichen Beruf erlernst, um später

Dein Brot und Deine Zufriedenheit zu finden. Das andere müssen wir unsern Herrgott überlassen.

Ich freue mich, daß Du einen schönen Abend mit Deinen Kameraden hattest, auch darüber, daß H. Nottbrock Dir schrieb. In Deinem Urlaub wirst Du ihn wohl aufsuchen. Daß wir wieder nach Gladbach gehen, weißt Du ja. Hier liegt ziemlich viel Schnee, und es ist ordentlich kalt. 12° Grad. Trotzdem waren in der letzten Nacht die Engl. hier, + zwar in Düsseldorf. Hier krebste auch einer rum, hatte scheinbar Motorendefekt. Wenn das Wetter jetzt besser wird, werden wir wohl noch allerlei mitmachen. Alles, wie Gott will. Wir sind ja machtlos. – Lieber Rudolf bitte grüße Gerd recht herzlich von mir, sage, ich wünsche ihr alles Gute. Auch Frau Lindh grüße bitte.

Hier ist alles in Ordnung. Berta’s kleiner Fritz hat sich schon eingewöhnt bei T. Fina. Wir haben immer noch nicht übermäßig viel Arbeit. Aber bei dem Artikel ist es ja zu verstehen. Viel geht ins Ausland. Nun hoffe ich auf Deinen recht baldigen Besuch!

Viele liebe + herzliche Grüße + Küsse sendet Dir
Deine
Dich l. Mutter.