Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 27. Septemer 1940

Norwegen, den 27.IX.40

Mein liebes Mütterlein.

Für Deinen lieben Brief vom 19.IX. hab vielen Dank. Ich kann nicht verstehen, daß Du schreibst, Du bekämst so wenig Post von mir. Auch vergangene Woche schrieb ich Dir zweimal. Hast Du denn die Briefe nicht erhalten? Im Augenblick kann ich Dir wirklich nicht öfter als zweimal in der Woche schreiben. Ich bin dabei eine Fahrschule durchzumachen, da liegen wir nun von morgens bis abends auf der Landstraße. Morgens in der Früh machen wir die Wagen fahrbereit und abends müssen wir sie frostsicher abstellen. Diese Schulung macht mir viel Spaß, besonders wenn ich daran

denke, daß ich den Führerschein für mein ganzes Leben mache. Im Zivil muß ich zwar nochmals eine Prüfung machen, denn der Militärführersein muß abgeliefert werden und kann nicht mehr übertragen werden. Für mich entfallen aber jedenfalls die Kosten einer längeren Fahrschule.

Du siehst, was ich treibe. Bei alle dem fühle ich mich wieder recht gesund und frisch.

Ich hoffe, Dir hat Dein Urlaub frischen Mut und Kraft gegeben. Geh nur viel, so oft als eben möglich nach Gladbach zur Elli. Da hast Du Deine nötige Nachtruhe.

Wir sind sehr optimistisch. Es kann nun doch wirklich nicht mehr lange dauern. Einmal gibt auch der Herr W.C. nach.

In der Zeitung hast Du wohl gelesen, daß der norwegische König abgesetzt ist,

der Storting (Reichstag) aufgelöst, Parteien sind verschwunden, es gibt nur noch eine einzige, sie ähnelt der N.S.D.A.P. Der Reichskommisar spricht heute abend zum Regierungswechsel. Wir sind gespannt wie die Norweger die Neuregelung aufnehmen. Heute scheinen sie noch ziemlich gedrückt zu sein, sie hingen eben doch an ihrem König, durch Jahrhunderte wurden sie zu gehorsamen und den König verehrenden Landeskindern erzogen.

Samstag schreibe ich Dir wieder einmal einen ganz langen Brief. Für heute soll dieser kurze Gruß genügen. Übrigens erhielt ich heute einen Kartengruß von der Ortsgruppe [..]-Strunden. Ortsgruppenleiter Kreln hat unterzeichnet. Da werde ich am Samstag ebenfalls mich für bedanken.

Darf ich vielleicht einen Wunsch äußern? Könntest Du mir vielleicht meine Uhr schicken. Geh doch bitte einmal zu Nerling! Wenn der Preis zu teuer ist, schreibst Du mir’s. Dann schicke ich Dir Geld.

- Wetter hier noch ganz schön, doch sehr kalt nachts! – Phantastisch schön ist jetzt das Landschaftsbild! Kartoffelernte in Norwegen. Überall sorgt man für Winterbrand, selbstverständlich wird nur Holz gebraucht. Abends knistert nun im Kamin ein helles Birkenholzfeuer. Da kann man sich Spökerien erzählen. Wenn es nicht Krieg wäre, wir nicht Soldaten sondern in Ferien hier, ja dann wäre es herrlich.

Bis Samstag. Gruß u. Kuß Dein Junge.