Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 15. Dezember 1945

Lüdenscheid, den 15.12.1945

Liebes Mütterlein!

Erhalte soeben Deinen lieben Brief vom 10.12. und weiß nun auch warum Du solange nicht geschrieben hast. Da kann ich Dir nur kondolieren zu Deinem bedauernwerten Fall. Hoffentlich ist es Dir eine gute Lehre, und Du bleibst bei Dunkelheit hübsch zu Hause. Hast Du auch jetzt noch Schmerzen? Du Ärmste hast aber auch immer etwas! Nun von Herzen eine gute und baldige Besserung. Weihnachten kann ich leider nicht kommen. Es gibt Urlaub nur für Amputierte innerhalb der 100 km Zone. Dann macht mein Bein wieder Schmerzen, es scheint daß ein Knochensplitter herauseitern will, na – das ist nur vorübergehend.

Du brauchst Dich um mich nicht zu sorgen, Frau Schiffer hat mich eingeladen, ich werde dort sicher ein nettes Fest erleben können. Sicher wirst Du Dir auch vorstellen können, daß Heid sich königlich freut, besonders da sie Urlaub hat. Ich komme Dich kann kurz nach Neujahr besuchen und Deinen Weihnachtsbaum besichtigen, ich freue mich sehr nach Hause zu kommen. Dann will ich auch die Berufsfragen regelnd und klären. Ich bin mir noch nicht im Klaren, war ich Heidi schenken soll. Ich hatte schon einmal an meine Skier gedacht, ich werde sobald noch nicht laufen können, zudem fehlen mir die Skistiefel. Die Schwierigkeit ist nur der Transport. Wenn mir einer die Skier bringen könnte? Oder hast Du vielleicht eine Kleinigkeit, die Du mir schicken könntest? Ich denke da an ein Schälchen oder Vase, Bild oder so etwas! Ich würde Dir sehr dankbar sein und es Dir gutmachen! Ich bin Dir bestimmt nicht böse, wenn Du Weihnachten zu Hause bleibst.

Du hast es gemütlicher zu Hause, ganz abgesehen von der beschwerlichen und am Heilig Abend vielleicht unmöglichen Reise. Wir sehen uns in Bälde! Hoffentlich bist Du mir nicht böse, ich habe Alles versucht, es geht leider nicht. Ich hatte schon mit Heidi geplant, daß sie mich dann in Dellbrück besucht hätte. Es ist aber vielleicht besser, wenn wir mit ihrem Besuch noch etwas warten, besonders wegen Ernährungs und Wohnungsschwierigkeiten. – Ich schicke Dir am Montag Geld! Schicke Du mir die Nummer des Sparkassenbuches, damit ich Dir die Bescheinigung zustellen kann. Es ist doch klar, daß Du Geld nötig hast.

Hier gibt es sonst nichts Neues, kalt und naß ist es, leider ist der Schnee fort, Glatteis macht das Ausgehen schwieriger. Heidi und ihre Schwester Gudrun machen nette Sächelchen für das Fest. Wir sollen eine Feier hier im Lazarett haben. Ich bin einmal gespannt was es hier zur Bescherung gibt. Frau Schiffer hat mir ein feines Trikot geschenkt, das ich als Unterjacke unter das Seidenhemd tragen kann und einen schönen Velourhut (sportlicher Art) zu dem ich aber noch ein Band kaufen muß. Der Hut steht mir gut! –

Du hast durch den Fortzug von Kaisers sicher viel Arbeit, haben sie sich wenigstens etwas erkenntlich gezeigt? Nimm Dir Zeit für den Hausputz, nicht daß Du Weihnachten K.O. bist. Weihnachten wird in unserer lieben Pfarrkirche ja feierlich werden, Anneliese Heider schrieb mir von den Vorbereitungen des Kirchenchores. Wir haben morgen eine Adventfeier! Ich freue mich mit Dir über den Erfolg Deiner bergischen Fahrt, wirst Du die Verbindung aufrechterhalten? War Margret Plantz noch einmal bei Dir?

In der Hoffnung bald von Dir zu hören und ob Du mir helfen kannst für Heidi ein kleines Geschenk zu finden
grüßt Dich mit festem Kuß
Dein Junge.