Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 7. Februar 1943

O.-U. den 7.2.43

Mein liebes Mütterlein!

Es ist wieder einmal allerhöchste Zeit, daß ich Dir schreibe und Dir auf das Herzlichste für Deine lieben Schreiben vom 31.1. und von Maria Lichtmeß danke. Ich fühle mit Dir, mein Liebes, ich bedauere es aufrichtig, daß unsere liebe und schöne Heimat immer wieder durch die schrecklichen, feigen und unmenschlichen Angriffe der Engländer heimgesucht wird. Jammerschade ist es, daß unschuldige Kinder, Frauen und alte Menschen, die, Gott weiß es, einen ruhigen Lebensabend verdienst hätten, umkommen, ihr Hab und Gut verlieren. Bartz, in Berlin haben nun auch Unglück gehabt. Die beiden Alten müssen auch immer noch die Ohren steif halten, ihnen wird auch nichts geschenkt. Wird das dort eine Aufregung sein!

Ich bin ja so froh und glücklich, weil der Herrgott Dich immer noch beschützt hat. Wir können immer nur danken. Mit dem Rheuma würde ich zum Arzt gehen, heilen wird er wohl kaum können, den Schmerz zu lindern wäre seine Aufgabe. Ich bin gespannt wie Du aussehen wirst, wenn ich Dich in meinem Urlaub mit den neuen Zähnen bewundern kann. Wenn Du mir Geld schicken wolltest will ich nach A. um für Deine Garderobe zu sorgen. Brauchst Du auch Wäsche? Du schreibst, daß es mit Heinrich immer noch nicht klappt. Ich schreibe heute dem armen Kerl! Brachte Johanna diese Nachricht von Dresden mit?

Mir geht’s gut, zufrieden und munter tue ich meine

Arbeit. Die Besichtigung war den Umständen entsprechend gut. Mich freute das Urteil des Oberst, der erklärte, daß bei uns gearbeitet würde. Die Arbeit des Umzuges ist nun bald getan. Die Leute wohnen jetzt in trockenen, warmen und gesäuberten Schulräumen. Heute konnte ich wieder Kuchen ausgeben lassen. Du, Mütterlein, es ist sehr schön für andere sorgen und schaffen zu können. –

Meine Wohnung, eine kleine Stube im Kasino, ausgestattet mit Möbeln der Unterkunftsverwaltung, habe ich mir heute etwas nett gemacht. Manchmal wünsche ich Dir all das einmal zeigen zu können. Ich habe mir neue Socken gekauft, man kann hier ja noch Alles haben, die Preise sind aber unverschämt. Gestern Abend brummte der Tommy wieder mächtig über uns weg, wie erleben hier doch schon Manches.

Vor dem Krieg bauten wir um diese Zeit, Lichtmeß, die Krippe ab. Die letzten Weihnachtsspuren verschwanden aus der Wohnung. Diese schönen Jahre waren zu kurz, aber wir müssen uns wohl bedanken für unser glückliches und fröhliches Leben.

Hat Frau Acher von August noch nichts gehört? Wo ist Schmitze Pitter gefallen?

Wie kam denn Onkel Willi dazu Dich einzuladen? Es hat Dir bei ihm gefallen? Freimarken will ich gerne besorgen. Anbei schicke ich eine abgestempelte für Herrn Ermert. Wie ist das Wetter zu Hause? Heute ist es hier ganz frühlingshaft. Langsam kann hier die Gartenarbeit beginnen. – Ist Tante Stina denn krank, warum ist sie denn so plötzlich kraxelig geworden? Fritz, der Kleine steht also schon auf eigenen Beinen.

Ein Kind fühlt doch ganz wundervoll fein wohin es hört! Ich will zum Ende kommen und Dich nochmals grüßen und küssen.

Alles Gute Deine Junge!