Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 16. Oktober 1942

Köln-Dellbrück, 16.X.42

Mein lieber Rudolf!

Ich erhielt Deinen lieben, ausführlichen Brief vom 11.X. Er hat mir Freude gemacht, bes. weil ich höre, daß Du nicht nach dem Osten kommste. Gewiß, auch im Westen ist Krieg + kommt vielleicht noch Schlimmer, aber, es sind doch ganz andere Verhältnisse dort. Ich denke schon mal, ob Du Sonntag wohl herüberkommen könntest? Sonst soll dieser Brief Dir ein lieber Sonntagsgruß aus der Heimat sein, der Dir sagt, daß ich an Dich denke! Die Pakete wirst Du nun erhalten haben. Hattest Du Freude? Passt die Uniform. Kannst Du sie dort gut verwahren? Kam das Obst gut an? Wenn ich wüßte, daß Du noch länger dort bliebst, schickte ich Dir noch ein Paketchen? Hörtest Du schon etwas aus Norwegen? Sind die Päckchen von dort angekommen? Hier kamen 10 Päckchen mit Büchern + Zeitschriften an. Ich vermisse das

Buch „Der große König“. Hast Du es noch da? Ich kann mir vorstellen, daß es dort wenig gemütlich ist, bes. bei dem rauhen, unfreundlichen Herbstwetter. Es ist ja nur ein Übergang. – Mir geht es soweit gut. Letzte Nacht hatten wir die Engl. nochmals hier in unserer Kante, von 9 ½-11 ½ Uhr. Hinter der Schulwiese haben sie etwas geworfen, ob es Brandbomben waren, es brannte eine Zeit lang hellauf, erlosch dann auf der nassen Wiese. Wir hatten Angst, es kämen Bomben darnach. Aber es hat gut gegangen! Gott sei Dank! Joh. schrieb heute, daß es H. langsam besser gehe. Hoffentlich ist er über den Berg. Gerhard Heider ist in Urlaub. Ich sah ihn noch nicht, er ist beim Bruder Karl. Ob in Rußland bald Schluß ist? Es wird soviel geredet. Am 17. Okt., also morgen hat Fritz Schlösser aus Heusenstamm in Breslau Hochzeit. Er schickte Bilder von der Verlobung. Er hat sich sehr verändert, ich hätte ihn nicht erkannt. Die Braut ist ein nettes, schlankes, dunkles Mädchen aus Breslau. Er selbst ist in Weimar. Die Hochzeitsreise macht er nach Italien. Von Essers habe

ich noch nichts gehört, außer der Dankkarte. Und nun, soll ich mal sagen: „Auf Wiedersehen!“ Herzlichst grüßt + küsst Dich Mutter.