Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 26. März 1942

Köln-Dellbr. 26.III.42

Mein lieber Rudolf!

Gestern Abend kurz nach 10 Uhr hatte ich mich gerade hingesetzt, um Dir zu schreiben, da kam Alarm. Bis kurz nach 1 Uhr haben sie uns wach gehalten. Wo mögen sie wieder gewesen sein? – Deine lb. Briefe vom 11. + 12.III. erhielt ich vorgestern. Ich danke Dir recht herzlich dafür, auch für die Aufnahmen, obwohl ich ja von Dir selbst nicht viel sehe! Immer wieder ist es mir eine Beruhigung zu hören, daß Du gesund + zufrieden bist. Auch ich habe nicht zu klagen. Auch ich bin gesund + zufrieden. Kleine Frühjahrsbeschwerden stellen sich ein, aber in der Sonne werden sie schon vergehen, wir haben jetzt schönes, helles Wetter, allerdings noch kalt. Immer noch Nachtfröste. Du fragst, ob das Herz durchgehalten hat bei

der Zahngeschichte. Besser, als ich gedacht habe. Die Spritzen wirken nicht aufs Herz. Ich bin so froh, daß ich es überstanden habe, 2 muß ich ja noch ziehen lassen, ich habe erst gewaschen + Hausputz gehalten, damit ich dann Ruhe habe. Vor Ostern kommen die noch ran. Dann habe ich den Mund sauber. –

Berta bedauert sehr, daß das nichts wird. Schicke doch einen ungegerbten. Ich frage aber erst noch mal. Was nicht geht, geht nicht! Kommt da oben nun auch der Frühling. Ist der Schnee bald fort? Gibt es dort auch schöne Frühlingsblümchen. Ich las dieser Tage davon in der Zeitung, daß es dort allerlei Gewächse gäbe, die man hier nicht kennt. Lege mal welche in einen Brief! – Soll ich die Kleiderkarte, wenn sie mir zugeschickt wird, hierhalten, und was soll ich kaufen? Dann war ich wegen der arischen Abstammung bei Fr. Althof. Ich weiß jetzt, daß mein Vater in Gronau,

Gladbacherstraße wohnt. Nun kann ich zur Meldestelle bei der Polizei nach Gladbach gehen + fragen. Dann ist das auch erledigt. Morgen frage ich nach dem Sobotta + gebe Dir darüber Nachricht.

Nun ist des Sonntags die Frage offen, wer wandert mit mir. Elli will mit einer jungen Mitarbeiterin wandern. Voriges Jahr mußte ich ja immer nach Nippes, dann kamst Du später nach Hause des Sonntags. Was mache ich Ostern. Hätte ich jemand Gleichalteriges + Gleichgesinntes? Das macht mir auch das Leben manchmal schwer, das viele Alleinsein. Und allein wandern ist nichts. Fr. Plantz kann nicht mehr so gut fort! – Nun schließe ich für heute, ich muß zum Essen. Mit den allerbesten Wünschen + Grüßen + einem festen Kuß bin ich
Deine Mutter.

Anbei ein Taschentuch. Andere folgen.