Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 4. Dezember 1939

Köln-Dellbrück, 4. Dez. 1939.

Mein lieber, lieber Rudolf!

Heute, denke ich, kommt Dein Kamerad. Da will ich Dir zum Päckchen auch ein Briefchen mitgeben. Hoffentlich trifft Dich alles gesund und wohlbehalten an. Wie wird es nun? Denkst Du Weihnachten hier in der Nähe zu sein? Dann würde ich Dir noch kein Päckchen schicken, es wäre ja viel schöner, Du könntest es abholen, oder, ich brächte es Dir. Ich habe gestern, am 1. Adventssonntag schon etwas gebacken. Am Abend habe ich mit Hanni vor dem ersten Adventslichtchen gesessen und an wen wohl gedacht? Dann, in solchen Stunden, ist es mir schwer ums Herz! Dann gehen die Gedanken zu den Lieben, die ferne sind! Auch Du wirst in der Dämmerstunde wohl nach Hause gedacht haben. –

Am Nachmittag war ich im Dreikönigenhospital bei Fr. Kampmann. Sie hatte mir Nachricht gegeben. Sie hat mit dem Magen zu tun! Sie sieht aber gut aus. Sie liegt aber nicht „Privat“. Sie hat ihr Haus verkauft und in derselben Straße ein kleineres, die Hälfte eines Doppelhauses gekauft. Weißt Du, die bauten sie diesen Sommer. Sie ist nun ganz begeistert. Hat ihr Haus gut verkauft, und alles neue Möbel gekauft, + noch etwas Geld übrig gehalten. Dann ist sie in Schlebusch in der Stadt, verdient 225 Mk monatl., 70 Mk Kinderzulage, dann 75 Mk Rente von H. Kampmann, alles in allem 360 Mk monatl. Da läßt sich von leben. Die Heirat hat sich zerschlagen. Sie denkt auch allzu sehr an sich selbst! Hanne ist zu Hause, mit einer älteren Frau. Thea kommt mit für 2 Monate nach Hause. Sie, Fr. K. erzählt nur von sich. Was die noch für Glück hat. Und unsereiner kommt

Viele Grüße
Mutter