Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 5. Januar 1937

Iserlohn, den 5. I. 1937

Meine liebe, gute Mutter!

Auch wenn ich heute Deinen lieben Brief nicht erhalten hätte, hätte ich Dir, liebe Mutter, geschrieben. Beunruhigt war ich gerade nicht, ich wusste ja, dass Du Silvester und Neujahr keine Zeit zum Schreiben haben würdest und ich konnte mir schon denken, dass Du wieder mehr Arbeit hattest, denn sonst gäbe es doch gar keinen anderen Grund Deines Schweigens, wohl? Hattest Du Dich wieder erkältet? Wohl bei Rhodes? Hoffentlich war es das letzte Mal, dass Du so eine Arbeit angenommen hast. Hat es Dir denn sonst gefallen? Waren sie nett zu Dir? Schreibe mir nur gesund! Ich bitte den lieben Gott darum! Für Deine lieben Neujahrsgrüße den besten Dank.

Ja, Hermann Punsmann und ich feierten im Gesellenhaus. Zuerst waren wir im Kino, dann haben wir im Gesellenhaus gegessen und dann – dann gepischelt und so, dass wir bald Kopf standen. Der Wirt hat uns später gesagt, wir hätten gut durchgehalten. Von 12 – 1 gab es Freibier. Nachher gab es dauernd Runden. Morgen’s um 5 saßen wir noch immer. Haben eine Reihe Bekannte kennen gelernt, den Senior usw. Nebenbei haben

wir uns einmal als Rausschmeißer betätigen müssen. Ich hab Dir doch noch eine Karte geschrieben. Da war ich schon mächtig im Tran.

Und jetzt sind wir wieder solide. Sport ist Trumpf. Haben jetzt schon 3Tage hintereinander einen 8 km Lauf gemacht. Ich habe mächtigen Muskelkater – das macht aber nichts frei weg ist unsere Losung. Heute nacht kommen die Urlauber. Werden richtig empfangen! Pferderevision und Sport!

Nun habe ich eine Bitte. Könntest Du mich über den Spielplan der Oper unterrichten. Hermann und ich haben beschlossen einmal in Köln in die Oper zu gehen. Wir reichen dann Sonntagsurlaub ein und gehen dann Sonntags abends in die Oper. Wann das sein wird ist noch lange nicht bestimmt! Erst müssen wir noch etwas sparen! Sonst müsste ich hier nichts Neues. Herr Meister ist auch tot. So geht der Schnitter um. Lange hat dann Opa auch nicht überlebt. Oma ist Heinrichs Abschied schwer gefallen? Wie hat es denn Heinrich gepackt? Er wird mir wohl einmal schreiben! Auch jetzt noch mal schönen Dank für die feinen Weihnachtstage. Es war zu schön zu Hause.

Viele herzliche Grüße und einen Kuß                        
von Deinem Jungen.