Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 6. September 1935

6.9.35.

Mein Junge!

Soeben Deinen lb. Brief erhalten. Dies, wenn Du nicht nach Nürnberg gehst. Warum hast Du nicht etwas geschrieben, ich hätte Dir doch etwas Geld geschickt; es war doch verabredet. So ohne Geld ist das doch nichts. Ich hoffe ja, daß Du nicht hin kommst! Also Sonntag kommst Du nicht, wie schade, ich hatte mich so gefreut! Heute kam Vaters Geld! Gestern + heute wieder Arbeit bekommen! Gott sei Dank, für das Eine + für das Andere! Dann kommst Du jetzt wohl nur noch einmal! Hoffentlich gibt uns der liebe Gott schöne Tage des [..]! Ich freue mich, daß es Dir sonst gut geht! Na, bald kannst Du Dich mal ordentlich ausschlafen!

Von der Gemarkenstraße habe ich noch niemand gesehen. Ich gehe ja auch nicht aus, nur zu Oma zum Essen. Mein Kind, was

für Dich bestimmt ist, bekommst Du. Daß Du das Mädchen noch nicht vergessen hast, kann ich mir denken. Mein Junge ist treu. Aber es gibt ja noch viele Andere. Du bist ein Junge und kannst wählen! –

Daß Du einen Kameraden einladen willst und ihm Köln zeigen willst, ist mir recht! Sicher, mein Junge! Nun muß ich enden, ich habe Gott sei Dank Arbeit, schöne Arbeit! Schade, schae, daß Du Sonntag nicht kommst! Na, vielleicht doch noch!

Herzlichsten Gruß + Kuß
Deine
Dich treuliebende Mutter!