Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 6. September 1943

Köln-Dellbrück, 6. Sept. 43

Mein lieber Rudolf!

Du mußt entschuldigen, wenn ich Dir die Geburtstagskarte in einem so geflickten Umschlag schickte. Aber ich hatte nichts mehr hier, und bekam auch nichts. – Lange hörte ich nichts von Dir, Dein letzter Brief vom 28.8. Ich wünsche Dir, mein Guter, nochmals alles Gute + Gottes Segen. Mein Gedenken an Dich ist nur ein einziges Gebet für Dich! Ich werde sehen, daß ich Dir ein paar Plätzchen backe, ich dachte + denke ja noch immer, daß Du kommst! Etwas Anderes habe ich noch nicht für Dich. Alles ist ja gesperrt, nichts kann man kaufen. Hoffentlich hast Du an

dem Tag einige frohe Stunden. Hätte man das gedacht, daß Du auch diesen Geburtstag noch im Kriege feiern würdest? Ob es der letzte ist im Kriege? Und wie geht’s sonst? Hier ist alles beim Alten, Gott sei Dank. Nur wieder jede Nacht Alarm, aber nicht schlimm! Wir warten auf Nachricht aus Dresden, ob sie bald alle kommen. Auch Heinrich wird ja mitkommen. Es hängt von Hanni’s Befinden ab. Sie ist ja diphterieverdächtig, die arme Maus. Außer Johanna haben alle Heimweh! Wären sie nur glücklich hier.

Elli kommt morgen auch zurück, sie war auf Wangerooge bei Josef, 14 Tage. Hier kommen wieder viele Todesnachrichten aus dem Osten! – Und nun mein Junge sende ich Dir viele herzliche Grüße + Küsse
Deine Mutter.