Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 22. Februar 1940

22.II.40.

Liebe Mutter!

Dein großer Junge grüßt Dich, liebes Mütterlein! Alles, alles Gute wünsche ich Dir. Ich bitte den lieben Gott, daß er Dich gesund erhält, Dich führt und schützt. Hast Du noch guten Mut? Was macht die Arbeit? Ist Deine Einquartierung wieder da? Was macht denn meine kleine Freundin Hanni? Sie schläft doch noch bei Dir? Wo muß sie zur Schule hin? – Zur Urnenstraße? – Ist in der Familie alles beim Alten? Was ist mit Berta? Du schreibst mir einmal wieder einen langen Brief, ja?

Von mir kann ich nicht viel Neues berichten. Habe wieder einmal viel Arbeit. Auch hier ist es seit heute etwas wärmer. Ich bin sehr froh, Margret schreibt häufiger, ein Prachtmädel – ein guter Kamerad. Sie bittet auch mich um ein Bild. Schickst Du mir eine Karte, Du weißt doch die Stahlhelmaufnahme. Ich freue mich auf ein Bild von Ihr. Sie hat mir eins versprochen.

Herr Kirste hat mir auch geschrieben. Er teilt mir seine große Neuigkeit mit. Er hat eine Apotheke in Schafstädt bei Lauchstädt in der Nähe von Halle an der Saale gekauft. Am 15. März denkt er schon dort zu sein. Nottbrocks haben große Augen gemacht. Die Apothekerschaft hat ihm viel Schwierigkeiten gemacht. Er mußte einen Nachfolger präsentieren aus einem anderen Bezirk, oder der Nachfolge durfte nicht im Rheinland gemeldet sein oder hier keine Stelle gehabt haben.

Herr Nottbrock will reklamieren und versuchen, daß ihm die Pacht übertragen wird. Der hat bestimmt wieder Glück. Herr Kirste und besonders seine Frau freuen sich riesig auf ihr neues Heim und das Geschäft. Beide lassen Dich herzlich grüßen.

Vorige Woche habe ich Herrn Reuland, Justus Hartmann, Kersting usw. geschrieben. Bin einmal gespannt ob sie antworten! Herr Kirste schrieb mir, die Apothekerschaft habe mitgeteilt, daß alle Apotheker von der Truppe in die Lazarette und Sanitätsparks versetzt werden. Hoffentlich werde auch ich, als Vorexaminierter, davon betroffen.

Du fragst mich wiederholt, ob ich Dein liebes Päckchen bekommen habe. Sicher, liebes Mütterlein, es hat fabelhaft geschmeckt. Ich hatte es Dir ja schon geschrieben.

Kommt die alte Unke, Frau Plantz, immer noch. Laß Dir um den Kopf von deren Unsinn nicht vollhängen.

Du siehst, auch ich bin froh – sei Du es bitte auch. Der Herrgott wird unsere Schritte lenken. Unsere Wege führen einmal wieder zusammen.

Ich mache immer wieder die Beobachtung, je mehr ich Gottesdienst, Messe und Gebet missen muß desto frommer, versteh mich recht, bewußter, tiefer, gläubiger erlebe ich unseren Herrn. Denk auch Du in Deinem Gebet an mich! Dieser Wunsch ist sicherlich überflüssig.

Denkst Du an mein Bild? Ich schicke Dir auch einmal ein Bildchen von Margret! Oder bist Du nicht gespannt? Böse bist Du doch sicherlich nicht.

Dich vergesse ich nicht! Ahoi!

Dich grüßt mit frohem Mut
und küßt in Treue
Dein Junge.