Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 12. April 1942

Zu Hause am „Weißen Sonntag“ 12.4.42.

Mein guter, bester Junge!

Es ist ein heller, strahlender Morgen, der heutige des „Weißen Sonntags. Ich war früh in der Kirche, und bevor ich nochmals zur Kirche gehe, will ich ein halbes Stündchen mit Dir erzählen. Da ich Dich nicht persönlich hier habe, muß ich es in einem Brief tun. Was wäre das heute ein Wetter, um zu wandern. Der erste, schöne Sonntag. Dann fehlst Du mir besonders. Des Alltags hat man seine Arbeit, aber so wie heute früh, alles hell + freundlich + schön im Hause, da fehlst Du mir sehr. Allein muß ich Kaffee trinken, allein mein Essen zurechtmachen + ein-

nehmen und dann sehen, ob sich Jemand findet, der mit mir geht! Allein ist ja nichts. Wann, ach wann werden wir wieder zusammen sein. Ich wage garnicht daran zu denken. Möge die Zeit mit Gottes Hilfe nicht allzu ferne sein. Gestern Nachmittag bin ich mit Fr. Jansen, die ihren letzten freien Tag hatte, und Elsbeth ausgegangen. Wir wollten nach Gierath, dann nach Gladbach, da machte Fr. J. den Vorschlag zur Asselborner Mühle zu gehen, dort gäbe es Samstag Nachmittags frische Waffeln. Unterwegs sind wir zu Elli reingegangen + haben sie mitgenommen. Aber mit Jansens, das ist kein Wunder. Schnurstracks zur Mühle, nur vom Essen geredet, dann Kaffee getrunken, und dann heim. Elsbeth ist schrecklich.

Ewig knatscht + zuengelt sie und macht ein mürrisches Gesicht, dann schimpft sie + alles Schöne ist hin. Ich würde ja die E. einmal ordentlich verhauen. Noch ein paar Jährchen, dann sind sie nicht mehr Herr über ihre Tochter. Antworten gibt die, unerhört. Na, egal, Elli + ich sind vormarschiert und haben uns an der Natur + am Sonnenschein erfreut. Es ist schön, das bergische Land. Leider hatten die Engländer auch dort in der Nacht vorher gehaust, Odenthal, Moitzfeld + wieder Bensberg. Traurig ist das. Heute stehen in der Zeitung wieder 20 Todesopfer von Ostersonntag + Montagnacht! Allerdings 15 selbst verschuldet. In Lindenthal war ein Bomber abgeschossen worden, die Leute sind hingelaufen, da sind die

Bomben explodiert + 15 Tote + viele Verletzte gab es dabei. –

Nun zu Deinen so lieben und mich so sehr erfreuenden Briefen vom Gründonnerstag + Karfreitag, die ich erhielt! Ich danke Dir herzlich dafür, mein Junge. Auch ich habe so sehr an diesen Tagen an Dich gedacht. Ja, es sind schöne, erhebende Tage. Ich habe mir die Zeit genommen und jeden Morgen zur Kirche gegangen. Es war besonders schön in diesem Jahre. Alle Lesungen, + alle Gebete wurden deutsch vorgebetet. So waren alle Gläubigen andachtsvoll beteiligt! Heute Abend mehr. Berta mit dem Kleinen hielten mich auf. Jetzt ist es Zeit zur Kirche. –

Dir Gesundheit + guten Mut wünschend bin ich mit herzlichem Gruß + Kuß
Deine Mutter.

Ein Gruß aus dem Strundertal, das Blümchen!