Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 24. November 1939

Köln-Dellbrück, 24. Nov. 1939

Mein lieber Rudolf!

Ich möchte Dir mal wieder einen lieben Gruß senden! Wie geht es Dir? Jetzt bei dem kalten Wetter mache ich mir viel Sorge um Dich! Nach ein paar schönen trockenen Tagen scheint es wieder naß werden zu wollen. Es fällt Schnee. Da ist er bei Euch sicher schon da. Schreib‘ mir doch mal, ob Du des Abends eine warme Stube hast, wo Du Dich wärmen kannst, und Dir die Kleider trocknen kannst. Hier holen sich die Leute des Abends die Soldaten für ein paar Stunden herein in die warme Wohnung. Ja, die haben es noch gut. Auch meine Einquartierung sitzt des Abends hier im warmen Stübchen. Er schläft auf der Chaisel. vorn im Zimmer. Er ist sehr zufrieden. Wie lange sie hierbleiben, weiß niemand. – Frierst Du arg, Rudolf? Hast Du auch noch ganze Sohlen, daß Du keine nassen Füsse bekommst! Wärst Du doch etwas näher hier, daß man Dich mal besuchen könnte! Aber, es ist ja nicht, es ist Krieg. Wäre nur erst der Winter vorüber. Heute in 4 Wochen ist Heiligabend. Wie mag es dann sein. Heute schicke ich noch mal ein Päckchen für Dich ab. Vielleicht bekommst Du es ja Nikolaus. Viel ist es ja nicht. Nüsse u.s.w. bekommt man nicht! T. Stina will auch noch mal ein Päckchen fertig machen. Sonntag will ich schon mal ein bischen backen. Urlaub zu den Feiertagen gibt es wohl nicht! Ob man dann mal größere Pakete schicken darf? Die Kleinen freuen sich auf das

Christkind, trotz Krieg + Sorge. Hanni wünscht sich eine Puppe. Sie war mal mit Frau Jansen in Köln zur Ausstellung. Es ist jetzt auch nicht viel. Der Straßenschmuck fällt weg und durch die Verdunkelung auch die Lichtfülle. –

Heute morgen, als ich nach Köln fuhr, saß in der Bahn der junge Frank vom Tielenbruch, weißt Du der Junge, der so affig war, als frischgebackener Leutnant der Luftwaffe. Das hat aber schnell gegangen. Ob das Geld auch etwas dazu tut? Von hier gibt es sonst nichts Neues! Langsam wird es auch ruhiger im Geschäft. Ich bin mal gespannt, wie es wird. Was ich dann wohl muß? Bei der Oma + auch bei Schlößers ist alles wohlauf! Ich gehe jetzt wenig heraus. Man hat immer Arbeit!

Dann noch eins, Du mußt mir für Steuerermäßigung eine Bescheinigung schicken, daß Du im Heer stehst! Besorge es mir bitte bald, ja? Nun weiß ich nichts mehr. Schreib‘ mir dann mal, was Du des Abends tust und wie es Dir ist! Ja? Vor allen Dingen bleibe mir gesund, ich bete für Dich + denke stets an Dich! Alles, alles Gute wünscht Dir mit vielen herzlichen Grüßen und einem Kuß
Deine
Dichliebende Mutter.