Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 6. Februar 1940

Köln-Dellbrück, 6.2.40

Mein lieber Junge!

Nun habe ich seit 14 Tagen keine Nachricht von Dir! Was ist das? Bist Du krank? Ich kann mir doch nicht denken, daß die Post so lange festgehalten wird. Bekommst Du meine Post, und hast Du mein Päckchen erhalten? Morgen oder Freitag mache ich wieder ein P. zurecht! Ich glaube jetzt nämlich nicht mehr an eine Beurlaubung. Es ist mal wieder so, was Andern glückt, tuts bei uns nicht! Aber, wie Gott will. Wir müssen es ja so annehmen. Wenn Du selbst nicht schreiben kannst, so lasse mir doch bitte durch einen Kameraden Nachricht geben, Du kannst Dir ja denken, daß ich in Unruhe bin. Solange -, da weiß man ja nicht, was man denken soll. Hier geht es noch gut. Ich habe wieder Einquartierung, jetzt wieder einen Ostpreußen, 20 Jahre alt! Ein Abiturient, ganz angenehmer Mensch! Es ist schon gut, daß ich dadurch etwas Ablenkung habe. Hanni ist gestern in der Schule angemeldet worden, sie hat selbst noch keine rechte Lust! Na das wird wohl noch kommen. Nun ist es ja nicht mehr so kalt, der Schnee geht ab, es ist ein fürchterlicher Schmutz! Es war ja schön, diese Winterpracht, und trotz der Kälte fühlte man sich wohler. In der Familie ist noch alles in Ordnung. Sonntag war ich noch bei Frau Kampmann. Auch dort ist alles beim Alten. Sie erzählte von Dortmund. Dort kommt wieder Zuwachs, das Neunte. H. Jos. Scheuß ist Major geworden.

Sonst gibt’s nichts Neues. Richard war in Urlaub+ mal hier, aber das schrieb ich Dir schon. Mit Frau Planz geriet ich gestern aneinander. Ich schreibe ihr für nächste Woche ab. Ich lasse mich nicht immer beleidigen in meinem eigenen Hause. Der Richard hat ihr mal wieder ordentlich den Kopf vollgehängt. Was machst Du denn noch. Also ich hoffe aber nun auf baldige Nachricht! Bis dahin viele liebe Grüße + einen Kuß
Mutter.

Solange habe ich jeden Tag gewartet + gewartet! Und Du kommst nicht!