Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 1. November 1940

Samstag, den 2. Nov. 1940

Meine liebe Mutter.

Nun bin ich wieder im schönen, schon fast liebgewonnenen Hallingdal. Der Winter ist nun mit seiner ganze Härte eingekehrt. Es schneit. Alles ist schon weiß. Heute friert es den ganzen Tag. Es wird eine kalte Nacht. Wir messen Temperaturen von 10-12° minus.

Ich muß mich nun gleich für so viele liebe Grüße und Briefe bedanken. Ich bin nun im Besitz von 4 Päckchen von Dir. Hab herzlichen Dank! Aber eines muß ich Dir sagen: Du muß mein häufigeres Schreiben nicht dahin deuten, daß ich auf Päckchen oder dergleichen warte. Mir fehlt es an nichts, Du mußt und darfst Dich nicht in Unkosten stürzen. Die Birnen kamen alle prima an. 2 Päckchen schickte mir Tante Finchen. Ich werde mich selbst dafür bedanken. Dann kam das Päckchen mit der Uhr. Vielen, vielen Dank! Sie läuft ausgezeichnet. Ich freue mich darüber wie ein Kind über das Weihnachtsgeschenk. Heute kam nun Dein liebes, leckeres Päckchen mit dem feinen Kuchen

und dem Brief von Frau Bartz an. Auch dafür danke ich Dir, liebes Mütterlein recht herzlich. Ja, so waren die alten Bartzes nun einmal, sie sorgten und sorgen noch immer für ihre nun doch selbstständigen Kinder. Sie selbst bleiben also in Berlin! Mit ihren Gefühlen für ihre Kinder ähneln sie stark der Frau Plantz, deren Sohn es ja auch immer gleich so besonders schwer hat. Wo war denn der Herr Sohn, in Narvik? Weiter nordwärts doch wohl kaum. Ich kann jedenfalls nur immer wieder sagen, mir gefällt es hier oben gut, ich liebe fast die Einsamkeit nordischer Wälder und Täler, und wenn Du die Bilder aufmerksam betrachtest, dann wirst Du auch manches Schöne entdecken, und wenn ich das nun im Frieden erleben könnte, ohne Sorge um Dich, dann wäre es einfach herrlich. Das ist doch Erfüllung von unseren Jungenträumen.

Gewiß, wir werden älter, aber reifer – Mütterlein und jung und frisch um mein Leben nun doch endlich einmal selbst anzupacken und aufzubauen bin ich nach Kriegsende bestimmt auch noch. Die große Sorge bist nur Du! Wie kann ich Dir Dein aufopferungsvolles Leben nun einmal gut machen. Möge der Herrgott

mir doch endlich einmal Gelegenheit dazu geben.

Ja, Mütterlein, könnte ich doch in den angstvollen, durchwachten Nächten bei Dir sein, viel helfen könnte ich Dir ja nicht, aber ich würde alles tuen um Dich zu schützen und zu beruhigen. Da habt Ihr aber Angst gehabt als die Bomben fielen, was? Aber die meisten treffen ja nicht!

Für alles Liebe nochmals meinen herzlichen Dank! Bleibe mir gesund und froh. Ich denke doch bald einmal in Urlaub zu kommen. Wann kann ich nun noch nicht sagen.

Für heute grüßt Dich herzlichst mit den besten Wünschen und einem festen Kuß
Dein großer Junge.

Tusen tak for din hjertelige hilsen til meg og min mamma. En hjertelig hilsen sender jeg deg fra meg og mamma.
Hjertelig hilsen Gerd.