Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 2. November 1941

Berg.-Gladbach, 2.11.41

Mein lieber Junge!

Ich erhielt gestern von Dir 3 liebe Briefe, und zwar vom 25., 26. und 27.X. Vielen, vielen Dank! Also nun ist der Kursus wohl beendet. Wirst Du Glück haben? Die Hauptsache ist + bleibt, daß Du gesund bist. Ich bin froh, wenn Du ein bischen vorsichtig in allem bist. Ich denke Dir Ende der Woche die gestrickte Leibbinde schicken zu können. Ziehe sie dann auch an, sie hält die Nieren warm. Und auf die bloße Haut, dann schmutzt sie nicht so. Es ist noch reine Wolle. Heute habe ich Dir ein Päckchen mit Lesestoff fertig gemacht; (Buch + 2 x das Reich).

Ja, in Rußland geht es weiter. Die Strapazen sind aber fast unmenschlich, und dann jetzt die Kälte. Dort ist viel Windkälte, das ist doppelt kalt. Wie ist es bei Euch, ist es geschützt. Übrigens will ich Dir auch Deine warmen Handschuhe mitschicken. Wegen der arischen Abstammung bin ich noch nicht fort gewesen.

Wenn ich Deine Schilderung vom 26.X., dem

letzten Sonntag lese, so sehe ich, daß Ihr es sehr gemütlich habt, auch keine Fliegergefahr? Ich bin beruhigt, wenn ich höre, daß Du gut untergebracht bist! Und ich freue mich, zu hören, daß Du vom Urlaub schreibst! – Mir geht es gut. Seit 2 Stunden sind wir wieder in Gladbach. Gestern Abend waren wir beim Heinrich, Oma, Elli, Finchen, Georg + ich. Es war sehr gemütlich. Wir haben da geschlafen, um ½ 2 Uhr früh gingen wir zu Bett! Er hatte gut zu trinken mitgebracht, seinen Kognak! – Ja, wärt Ihr mal Alle wieder zu Haus, ja wir wollen mal Optimisten sein + hoffen. – Auch hier ist es ordentlich kalt, heute fiel wieder etwas Schnee. Heute Abend ist es klar geworden, es friert. Und gutes Wetter für den Engländer ist es.

Auf dem Friedhof war viel Betrieb. Und so viele Leute sieht man in Schwarz, die um ihre lieben Gefallenen trauern. Für die sind solche Tage, wie heute schrecklich! Wolle unser Herrgott uns behüten. –

Mein Junge nun behüt Dich Gott! Sei aufs herzlichste grüßt + geküsst von
Deiner Mutter.