Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 20. Dezember 1940

Freitag, den 20.XII.40

Liebe Mutter.

Abend ist es, - gleich 19.00 Uhr, ich sitze in einer Baracke des Skilagers. Im Ofen knistern Birkenscheite, allmählich breitet sich eine gemütliche Wärme aus. Unsere Knochen sind heute weich und müde geworden. Heute waren wir den ersten ganzen Tag auf den Brettern. Gestern nach Mittag hat der Kursus begonnen. Viel Spaß macht der weiße Sport. Schon heute begannen wir mit den Abläufen. Nun lernen wir Wendungen, Gleiten, Dreistock, Schneepflug und Schwünge. Was wir beim Militär nicht Alles lernen! Ich bin mit noch einem Kameraden aus der Batterie hier. Am 3. geht es zurück in’s alte Quartier. Ich denke, daß wir dann gut laufen können. Es war heute herrliches Wetter. Die Sonne lachte auf die weiße Wunderwelt. In’s Tal kann sie nicht mehr scheinen, sie bestrahlt nur die glänzend weißen Bergspitzen. Die untergehende Sonne ließ sie blutrot aufleuchten. Nun funkeln die Sterne

in märchenhafter Helle, wie sie nur das Nordland kennt im Wettstreit mit dem Mond vom tiefblauen Himmel. Im Norden funkelt das Nordlicht über die Berge. Man könnte glauben die Flack hätte Nachtübung. In diesem verzauberten Märchenland tummelt sich nun Dein Junge, - wirklich ich bin wieder Junge geworden. Helle Freude strahlt aus den Augen der Kameraden. Ich denke auch hier können wir ein stilles, skizünftiges Weihnachtsfest feiern. Gerade bringt man mir ein Päckchen von Herrn Kirste. Allerlei schöne Sachen enthält es. Zahnbürste und Creme, Sirinaltabletten, Hustenbonbons, Tabletten gegen Husten und Heiserkeit, Dextroenergen und selbstgebackenes Zuckerzeug von Frau Kirste. Auch Dir, liebe Mutter soll ich herzliche Weihnachtsgrüße übermitteln. In Schafstädt geht es Allen gut. Frau Kirste und die Kleinste, Ursula, haben eine Mandelentzündung mit bösem Mandelabzess gut überstanden. Gisela kommt Ostern in die große Schule, dann will sie dem Onkel Schmitz selbst einen langen Brief schreiben. Herr Kirste lädt mich zur Ausspannung nach dorthin ein. Er meint, der Krieg wäre für mich günstig; ich könnte jetzt sparen und am Kriegsende dann ungesorgt beginnen. Weihnachtsgrüße habe ich

an Alle, auch an Herrn Nottbrock gesandt. Wie geht es Dir? Hast Du die Festtage ordentlich genossen?

Viele liebe Grüße und einen festen Kuß
sendet Dir Dein Junge.