Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 18. Juli 1943

Köln-Dellbrück, 18.7.43

Mein lieber Rudolf!

Du mußt entschuldigen, wenn ich länger, seit dem 11.7. nicht schrieb! Ich habe allerlei Arbeit, da ich keinerlei Hilfe mehr habe und jetzt Einmachzeit ist. Die Beeren bei T. Stina muß ich selbst pflücken + dann verarbeiten. Von T. Finchen bekam ich Aepfel. Und so intensiv wie früher kann ich noch nicht arbeiten. Ich bekomme so rasch Rückenschmerzen. Sonst geht es mir gut. Ich habe schon zugenommen + sehr gut aus. Die letzten Tage war ich viel in der Sonne. Auch hatten wir 3 Nächte keinen Alarm. Da hat Amsterdam ja auch einen schweren Angriff gehabt! Habt Ihr etwas gemerkt? Wie geht es Dir? Ich höre + sehe nichts. Es kommt keinen Post + keine Päckchen. Auch kann man von hier nichts fortschicken. Es wird sich wohl langsam wieder einrenken. Die Bahnen fahren wieder über Mülheim bis Deutz. Von da Berliner Autobusse durch die Stadt. Diese Woche will ich mal nach Köln! Ich soll zum röntgen. Es muß ja schlimm dort aussehen. Ich bin mal gespannt. Von Oma aus Dresden haben wir noch nichts gehört. Elli + auch T. Finchen haben richtiges Heimweh! Heinrich hat ja nun alle seinen Lieben da. Er ist doch

trotz allem ein Glückskind. Heute hat O. Arnold Namenstag! Ich habe garnichts für ihn. Der Lischewski hat mir geschrieben. Er ist in Berlin zum Studium. Veterinärmedizin, schon 4 Sem. Er war schwer verwundet. Schuß ins Gesicht! Er sei sehr entstellt!

Sonst weiß ich Neues nicht zu berichten. Bald werde ich auch wieder arbeiten müssen. Ich hätte ja gern noch in Deinem Urlaub frei gehabt. Wenn es nur nicht zu lang ist. Denkst Du, daß es etwas gibt? Hoffentlich bekomme ich nun bald Post. Man kommt sich so verlassen vor, wenn man nichts hört! Bis bald, mein Junge!

Empfange viele liebe Grüße + einen Kuß von
Deiner
Dich l. Mutter.

Übrigens bald hätte ich’s vergessen. Am Donnerstag war Richard mit seiner Frau hier zu einem kurzen Besuch. Er führt sie hier ein!!! Sie kamen unerwartet!
D. M.