Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 12. Mai 1935

Köln-Dellbrück, 12. Mai 35

Lieber Rudolf!

Nun bin ich mit meiner Arbeit soweit, und da will ich Dir noch schreiben! Leider mußte ich heute wieder arbeiten. Morgen, Montag muß ich zu Heinrichs, vorbereiten, Dienstag ist Hochzeit, da gibt es allerlei Arbeit. Da muß ich morgen früh abliefern.

Ich wollte schon immer schreiben, aber ich war nicht wohl. Sonntag, als Du fort warst, habe ich mich gleich hingelegt und bis Montag-Mittag gelegen, dann immer mal zwischen durch mich hingelegt, Combuchen hat abgeliefert. Heute habe ich das erste Mal wieder zu Mittag gegessen. Die Woche nur immer Haferschleim + Obst. Was es war, weiß ich nicht, der Magen wohl!

Wie ist es nun mit Dir? Was machen Deine Füße? Hast Du auch feiern müssen? Oder ging es doch? Es war ja nicht so heiß! Ich dachte, Du hättest mal geschrieben! Die ganze Woche habe ich gewartet, und mich auf heute vertröstet. Leider habe ich auch heute umsonst gewartet! Es schmerzt mich doch, daß ich heute keinen Gruß von Dir bekommen habe. Ich meine, eine Karte hättest Du mir doch rechtzeitig schicken können! Ich verlange doch nicht viel, das weißt Du; aber kein liebes Wort zum Muttertag, das tut weh! – Aber, auch da heißt es, stille sein! – Der Mutter Los! –

Sonst ist hier alles beim Alten! Von Frau Perger soll ich Dir einen Gruß senden, sie wünscht Dir alles Gute! Für heute schließe ich, ich muß mal raus!

Herzlichen Gruß + Kuß
Deine
treue Mutter!