Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 5. Dezember 1939

Köln-Dellbrück, 5. Dez. 1939.

Mein lieber, treuer Jung!

Was soll ich nun zuerst schreiben. Also, gestern war Dein Kamerad hier und hat mir allerlei erzählt. Viel Freudiges ja nicht. Daß Ihr ja wohl den Winter über dort bleiben müßt. Wie leid tut mir das. Wenn Du doch wenigstens schon mal Gelegenheit hättest, des Abends auszugehen. Dann kam gestern Mittag, zusammen mit Vaters Geld von Dir 20 Rmk. an. Ich verwahre sie Dir gut! Dann gestern Nachmittag kam Dein lieber Brief vom 26.11. Den Brief vom 24.11. habe ich auch erhalten und Dir ja auch dafür gedankt! Hast Du inzwischen das Nikolauspäckchen und das Stückchen Stollen erhalten. Auch das Stück Kuchen + die Äpfel, die ich dem Kameraden mitgegeben hatte. Diese Woche bekommst Du nochmal ein bischen Wurst! Du bestätigst ja auch, daß Ihr wohl da in der Eifel den Winter über bleiben müßt! Und ich, aber sicher auch Du und alle Deine Kameraden, hatten sich gefreut, daß Ihr mal in zivilisiertere Gegend kommen würdet! Und Weihnachten. Es heißt ja, aller Urlaub sei gesperrt! So müssen wir ja allein sein und auf eine schöne Feier verzichten. Wenn Du nicht kommst, dann mache ich auch nichts. Vielleicht ein ganz kleines Bäumchen mit einigen Lichtchen. Es wird für mich einsam sein + Du mein Liebes wirst auch innerlich einsam sein + nach Hause denken. Ihr

Viele liebe Grüße + einen treuen Kuß
von Deiner Dichl. Mutter

habt vielleicht kaum Gelegenheit, mal zur Kirche zu kommen. Ich fange nun nächste Woche an, Dir die Weihnachtspäckchen zu schicken. Aber Du mußt denn nicht gleich alles aufessen, damit Du an den Feiertagen etwas hast! Tust Du das auch? Ich schicke Dir auch Kerzen + Lametta für ein Bäumchen, das zuerst! Ich würde mir alles schön wegstellen in eine Kiste. Ja mein Kind, wie werde ich Dich hier vermissen. Wie wird das Haus dann doppelt leer sein. –

Wie freue ich mich, daß auch Andere an Dich denken. Ich kann mir Deine Freude über das Päckchen aus München vorstellen. Es ist aber auch sehr nett von den Mädels. Hast Du aus Marburg was gehört. Hast Du Herrn Kirste nochmal geschrieben? Ob Herr Nottbr. auch noch Soldat ist? Hat Herr Bartz Dir schon geschrieben? Ich will der Marga auch ein Päckchen schicken! Heute war Frau Planz hier. Dann erzählen wir fast nur von Euch! Jetzt, in der Weihnachtszeit vermißt man Euch doppelt. Ich glaube, es gibt auch kein rechter Weihnachtsbetrieb in Köln. Auch die Ausstattung in den Geschäften ist kriegsmäßig. Man hätte aber auch keine Lust, alles anzusehen! Möge unser Herrgott uns gnädig sein und geben daß der Krieg nicht allzu lange währt! Wie schön wäre das jetzt, wo Du abends nicht mehr zu lernen brauchtest! Wir säßen im warmen Stübchen. Immer, des Abends, so um 8 Uhr, wenn Du sonst kamst, dann ist es mir besonders schwer. Bleibe mir nur gesund. Ich freue mich, wenn ich höre, daß Du gut aussiehst und guten Hunger hast! Auch mir geht es gesundheitlich gut. Ich habe

nicht zu klagen. Auch Arbeit habe ich noch ziemlich. Wir müssen ja arbeiten. Aber es ist gut, wenn wir es noch können. Nun für heute Schluß