Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 1. Dezember 1942

O.-U. den 1.12.42

Mein liebes Mütterlein!

Wenn ich Dir auch heute wieder mit Bleistift schreibe bitte ich Dich mir das zu entschuldigen, mein Füllhalter ist noch nicht wieder heil. Die Feder hatte sich verbogen. Nun ist es wirklich Advent, und das rechte Wetter, welches einen näher zum Ofen bringt, haben wir auch. Es ist naßkalt und von der See jagt eine Böe nach der anderen herein. Arbeit und Dienst ist reichlich vorhanden, auf diese gute Art geht die Zeit im Fluge dahin. Ich fühle mich wohl, denn Speis‘ und Trank ist gut und reichlich, mein Schlaf, wie Dir bekannt, tief und gesund. Ich schrieb Dir ja schon, daß meine Gedanken jetzt häufiger als sonst bei Dir, zu unserem schönen Heim gehen. Hast Du Dir einen Adventskranz gemacht? Sicher steckst Du an den kommenden Sonntagen die Kerzen an und in ihrem Schein wirst Du Dich manch schöner, gemeinsam verlebten Stunde erinnern. Wenn wir auch oft Sorgen hatten, der Herrgott hat uns aber auch viele liebe und gute Stunden geschenkt. Ich möchte an meiner Jugend nicht geändert wissen.

Ich habe wieder Mut, denn zur Arbeit, zum frohen Schaffen bin ich immer noch jung genug, wenn ich gesund und munter aus dem Orlog komme.

Die heutige Sondermeldung war pfundig! Wenn der Tommy diese lange Abschreibeliste sieht wird er sich ja doch seine Gedanken machen. Das war ein feines Geburtstagsgeschenk für Herrn W. C.

Ich höre gar nichts mehr von Heinrich, ist er doch

noch so elend, daß er selbst nicht schreiben kann? Wie geht es denn unserer Oma? Ist sie wieder auf den Beinen, läuft sie noch immer in’s Bergische Land?

Ich kann das Mißgeschick von Aug. Acher nicht vergessen, mir tut seine Frau Mutter riesig leid. Ist das Feinkostgeschäft noch geöffnet?

Von Norge habe ich immer noch keine Nachricht. Morgen gehen meine Weihnachtsgrüße dorthin ab, und ich werde Lindh’s auch von Dir grüßen. Sonstige Neuigkeiten gibt es nicht zu berichten. Ich schließe darum mit meinen besten Wünschen
und grüße Dich
mit einem festen Kuß.
Dein Junge.