Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 24. Februar 1942

Köln-Dellbrück, 24.2.42

Mein lieber Rudolf!

Herzlich danke ich Dir für Deine lieben Zeilen aus G. Auch für die lieben Grüße von Fr. Lindh + Gerd. Ich meine Gerd schriebe etwas fremd! Was sagte sie denn? Kamst Du unerwartet? Hast Du nun in Oslo das bekommen, was Du haben wolltest? Und in G. hast Du das auch erledigt zu Deiner Zufriedenheit. Wie ist es nun, soll ich Dir Geld schicken. Du must verzeihen, daß ich es noch nicht tat. Erstens, bin ich noch wenig heraus gewesen, weil die eine Wunde mir noch zu schaffen macht, und zweitens dachte ich, wenn Du Kleidergeld bekämst + auch in G. etwas herausspränge, + Du dort nicht viel kaufen könntest, bliebe Dir genug übrig zum Feiern. Und ein Geldgeschenk von mir persönlich kann ich Dir nicht machen, ich verdiene jetzt so wenig, weil ich nicht voll arbeitsfähig bin, aber auch durch allerlei neue Arbeiten und das Umlernen nicht so viel verdienen kann. Ich hoffe ja, wenn das mit dem Zahnziehen mal zu Ende ist, geht es besser. Ich möchte mich dann auch nach etwas Anderm umsehen. Der Nachteil ist nur, daß ich dann aus dem Hause muß + pünktlich meine Stunden aushalten muß. Na, ich will mal sehen. Also, wenn Du Geld brauchst, bitte schreib es mir, dann schicke ich es Dir sofort. Ich denke doch, daß man Geld schicken kann. Das macht mich ja ein

bischen unzufrieden, daß ich nicht so viel verdiene. Für die Leibbinden bekommen wir 15 Pf. pro Stück. Und jetzt, im Anfang arbeite ich höchstens 15 Stück pro Tag. Also kannst Du ausrechnen, was ich verdiene. –

Nun zu Dir. Was machst Du? Höre ich bald einmal etwas Ausführliches? Hast Du schon gefeiert, oder kommt das noch? Bist Du zufrieden? Haben Dir schon welche gratuliert? Ich bin so froh, darf sagen stolz, daß es soweit ist. Ich darf doch stolz auf Dich sein, gelt, mein Junge. Du weißt ja, wie ich das meine. Es ist ja auch eine gewisse Genugtuung. Und dann, das weißt Du ja, daß ich Dir auch weiterhin nur das Allerbeste gönne. Schade, daß wir nicht eine gute Flasche zusammen trinken können. Aber es gibt ja auch nichts mehr. Bleibe mir nur gesund. – Wir haben wieder Neuschnee. Der alte Schnee war noch lange nicht fort, nun hat es schon 2 Nächte wieder geschneit; allerdings kalt ist es nicht sehr. Nun ist schon Ende Februar, und noch tiefer Winter. Mein Brand hat schon tüchtig abgenommen. Alle Leute müssen sich jetzt selbst den Brand holen, es fährt kein Händler mehr rum. Auch Milch u.s.w. Nur ein Gutes hat der Winter, der Tommy kommt nicht so oft. Mit dem besseren Wetter wird das auch anders werden. Hoffen wir, daß wir es mit Gottes Hilfe überstehen. Hier sind wieder verschiedene Nachrichten von Jungen, die gefallen sind. Ich kenne nicht alle, aber einer von den Zwillingen, die immer zusammen in der Kirche waren, und bei Kriegsanfang bei der Flotte dienten, ist gefallen. Ich will in den nächsten Tagen auch mal zu Fr. Riese gehen. Das ist auch traurig. Sie hat sich für ihre Kinder so geplagt. – In der Familie nichts Neues. So und nun Schluß.

Einen lieben Gruß + einen herzlichen Kuss sendet Dir
Deine alte Mama.