Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 4. Februar 1943

O.-U. den 4.2.43

Mein liebes Mütterlein!

Heute kam endlich ein Lebenszeichen von Dir. für Deine lieben Zeilen vom 26.1.43 danke ich auf das Herzlichste. Ich habe mich über die Ausführlichkeit Deines Schreibens besonders gefreut. Du warst also krank? Wie geht es Dir denn nun im Augenblick? Ist die Grippe überstanden? Hier ist es immer sehr mild, heute ist sogar ein recht schöner Tag gewesen, die Sonne schien schon warm. Es sieht frühlingshaft in der Natur aus. Die Weiden bleiben den ganzen Winter über satt grün. Das Vieh war noch dauernd draußen. Merkwürdig mutet mich das Alles an, besonders kommt einem das zum Bewußtsein, wenn man an die langen, harten aber doch schönen norwegischen Winter denkt. Dies gigantische und rätselvolle Land kann ich nicht vergessen. Hier werde ich wohl nie warm werden. Da ist es zu Hause tausendmal schöner. Ich finde das platte Land mit den schnurgeraden Straßen und den vielen Kanälen langweilig. Die Menschen sind im Allgemeinen auch unsympathischer als die Norweger.

Zu Hause ist es naß und kalt? In diesem Jahr wird es aber auch im Rheinland früher Frühling werden. Dann mußt Du fleißig an die Luft! Wie ist es mit Fl. Angriffen? Gehst Du auch noch brav in den Keller? Wenn Du mir das versprichst, bin ich beruhigt!

Daß Du Dich nun an die künstlichen Zähne gewöhnt

meinen Brief füge ich einige Kleinigkeiten bei. Vielleicht kannst Du sie gebrauchen.

Mit vielen Wünschen und Grüßen
küßt Dich Dein großer Junge.

hast ist ja fein. Du schreibst von der knappen Zuteilung von Bekleidung. Wenn ich Dich bitten dürfte mir Geld zu schicken besorge ich Stoff oder Wäsche oder besser beides und bringe es mit wenn ich in Urlaub komme. In A. der Hauptstadt habe ich Beziehungen, außerdem besteht dort eine Heeresmarketenderei, die gerade Wäsche verkauft. Verzeih, wenn ich um Geld bitte, im Augenblick hatte ich aber allerlei Auslagen. Weihnachten hatte doch allerlei gekostet! Dann mußte ich meine Stiefel besohlen lassen, Alles Auslagen die meine Kasse stark belasten.

- Mir geht es tadellos! Ich fühle mich gesund und recht wohl, obwohl oder gerade weil ich viel Arbeit habe. Ich freue mich aber doch einige Tage ausspannen zu können, wenn der Chef zurück ist. In 14 Tagen wird er wohl erscheinen. In seiner Abwesenheit habe ich viel umgemodelt, ich bin gespannt, wie er meine Neuerungen aufnimmt.

Wie geht es der Oma? Ist Johanna wieder zurück? Ich muß nun bald dem Heinrich wieder schreiben, der arme Kerl denkt sicher ich hätte ihn vergessen. Ich habe aber wirklich durch die Arbeit keine Zeit zum regelmäßigen Schreiben. Übrigens ist die Besichtigung gut verlaufen! Ich selbst bin nicht restlos zufrieden, ich lege aber wahrscheinlich einen zu hohen Maßstab an. Die alten Kameraden südlich des Ladogasees haben Verluste. Das Rgt. verlor in der vorletzten Woche 2 Offz, gute Bekannte, Uffz und eine Reihe alter, guter Kameraden, mit denen ich 39 ausgerückt bin. Sie sind nun dort wohin wir uns oft gewünscht haben.

- Stalingrad, ein Begriff für Soldaten wieder in russischer Hand! – Es hat uns furchtbar ergriffen, aber nicht gebeugt. Die deutschen Soldaten werden weiter kämpfen, die Kameraden der 6. Armee werden uns Vorbild sein. Im

Frieden haben ich auch einmal dieser Armee angehört. General Pfeffer war 1935 mein Rgt’s Kommandeur. Sind auch Soldaten aus Dellbrück dabei?