Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 7. September 1939

Hölzchen über Neuerburg Land den 7.IX.

Mein liebes Mütterlein!

Endlich komme ich dazu Dir ein Lebenszeichen zu geben. Nach vielen Nachtmärschen und anderen Strapazen haben wir hier im Kreise Prüm an der luxemburgischen Grenze Notquartier bezogen. Wir waren schon einmal ganz vom 2 km von der belgischen Grenze, sind jetzt aber weiter zurück. Hier ist alles ruhig. Nichts deutet auf Krieg. Also um mich brauchst Du Dir keine Sorge zu machen. Trotz Anstrengungen und Entbehrung geht es mir körperlich gut. Seelisch ist mir noch besser. Ich habe selten so gut beten können. Ich fühle, daß auch Du im Gebet an mich denkst. Anderes können wir augenblicklich auch nicht füreinander tuen. Gott wird helfen, Gott wird schützen. Ich glaube immer noch nicht an einen großen Krieg. In Polen wird wohl bald alles zu Ende sein. Frankreich bleibt neutral und England wird bald die Nase voll haben. Wir hören hier ja nichts. Hier gibt es kein elektrisches Licht, kein Radio. Wir leben wie die ersten Menschen.

Wie geht es Dir nun? Du bist doch gesund? Mach Dir nicht zuviel Unruhe. Ich denke in 2 bis 3 Wochen sind wir wieder zuhause. Schläft Johanna bei Dir. Heinrich und Onkel Georg sind wohl auch fort. Weißt Du wo sie stecken? Wir hörten eben, daß englische Flieger über Köln

gewesen seien. Habt Ihr Angst gehabt?

Nur keine Bange, bald ist alles zu Ende. Hast Du noch Arbeit? Bekommt ihr auch satt zu essen. Spare nur nicht! Du mußt mir fein gesund bleiben. Würdest Du einmal Herrn Kirste anrufen, der könnte dann bei der Apothekerschaft anfragen, wie das mit dem Vorexamen werden soll. Urlaub gibt es bei uns nicht.

Was macht Oma und die Ihrigen, Tante Stina usw. Wer ist sonst noch alles fort.

Essers Josef aus der Gemarkenstraße ist auch in Hamm eingekleidet worden und in meiner Abteilung.

Du schreibst mir einmal alles.

Meine Anschrift weißt Du ja.

Postsammelstelle Dortmund.
08630
Untffz. Rud. Schmitz.

Ich freue mich schon auf Deine Antwort. Alles, alles Gute wünsche ich Dir. Bleibe gesund und froh. Bete für mich, ich tue es auch. Hier ist so ein kleines Kapellchen. Gleich gehe ich mal hin.

Ganz nahe sind wir bei Burg Neuerburg. Viele Erinnerungen an meinen Pfingstfahrt.

Viele Grüße an alle.
besonders an Dich.
Dich küßt Dein Junge.