Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 20. Juni 1937

Soest, den 20. VI. 37

Liebe Mutter!

Heute erhielt ich Deinen lieben aber auch (mit Recht) vorwurfsvollen Brief. Gewiß zu einer Karte hätte ich doch Zeit gehabt! Aber Du kannst Dir überhaupt nicht vorstellen wie wir augenblicklich beschäftigt sind. Sonntag, Montag und Dienstag, also zu dem Termin, an dem ich Dir, liebes Mütterchen, sonst zu schreiben pflege hatten wir Übungen mit Biwak. Ich konnte nicht schreiben auch nicht als wir wieder daheim waren. Hier legen sie wieder einmal ein Tempo vor, dass man kaum folgen kann. Wir hatten immer Dienst bis 2100 Uhr. Dann fielen wir wie erschossen in die Betten. Also bitte verzeih wenn ich Dir in dieser tollen Woche nicht schrieb. Du machst Dir immer unnötig gleich Sorgen! Gewiß hier kann leicht einem etwas zustoßen. Aber dann würdest Du doch von einem Fremden benachrichtigt. Warum immer gleich Unruhe.

Für Deine Neuigkeiten vielen Dank. Alles was von Hause kommt interessiert mich wie Du weißt. Also Bartz ziehen Anfang Juli schon aus. Ja, dann werde ich sie nicht mehr

sehen. Mir ist es sicher recht, daß Du die Zimmer so läßt wie sie sind. Wenn ich wieder zu Hause bin, haben wir schnell wieder umgekramt. Hast Du schon 100 Mark auf die Maschine bezahlt. Das geht ja schnell! Der Stoff gehört jetzt mir? Ich habe gedacht, ich komme von Wahn aus zur Anprobe. Also die größte Neuigkeit habe ich nun schon vorweggenommen. Ich komme mit nach Wahn. Am 6. Juli kommen wir zur Senne, von dort werden wir nach Lethmate verladen. Hier beginnt unser Marsch. Lethmate – Grunn, Kesbern nach Altena. In Altena beziehen wir Bürgerquartiere. Der 2. Ta

[die Tinte ist mir ausgegangen, schreibe mit Bleistift weiter.]

Der 2. Tag geht von Altena über Lüdenscheid, Halver nach Radevormwald. Dort beziehen wir Biwak, dann geht es in einem Nachtmarsch über Dabringhausen, Altenberg, Odenthal, Gladbach nach Bensberg.

Fein was? Alles bekannte Gegenden. In Bensberg beziehen wir Bürgerquartiere. Wir sind vom 10. – 12. da. Dann hoffe ich mit Rad nach Hause zu kommen. Ihr kommt mich doch auch in Wahn besuchen? Um die Zeit hast Du doch auch gerade Urlaub. Dann hast Du ja einige Stunden für mich übrig. Ich werde ja versuchen von Bensberg aus Urlaub zu bekommen. Dann könnte ich eine Nacht zu Hause bleiben. Bis dahin ist es ja nicht mehr lang. Ich freue mich riesig darauf. Bis Anfang August, ich glaube bis zum 8. bleiben wir in Wahn. 1 Kamerad hat wieder Pech gehabt, vom Pferd gestürzt. Hat Schambeinbruch und Beinscheibensplitterung. Sonst kann ich Dir keine großen Neuigkeiten erzählen.

Und doch. Man spricht davon, dass die Abteilung im Herbst nach Köln kommt. Das hätte ein Jahr früher sein müssen, was?

Wie geht es Dir denn sonst? Hast Du die Sonne, die nur einige Tage gelacht hat, ausgenutzt? Jetzt ist es ordentlich kühl.

Bleib gesund und freue Dich mit mir auf unser Beisammensein. Es grüßt Dich mit einem Kuß

Dein Junge