Anna Schmitz an ihren Sohn Rudolf, 18. März 1940

Montag, 18. März 40.

Mein lieber Rudolf!

Heute früh erhielt ich schon Deinen lieben Brief vom 16.3. So schnell war noch keiner hier! Warst Du in St., wo Vater früher war? Ich sah es am Stempel! Freue mich, daß Du kerngesund bist und wünsche Dir, daß Du es bleibst! – Nun zur Hauptsache. Also Tante Stina war heute nicht da, nach Köln. Morgen werde ich gleich mit ihr sprechen und dann das Gewünschte gleich abschicken! Bin ich denn so schlimm, daß Du denkst, ich sei ärgerlich. Wenn es etwas Gutes ist, wofür Du Geld ausgibst, von dem Du etwas hast, dann ist es mir nur recht. Ich werde 20 Mk der T. Stina selbst zurückgeben, das soll dann mein Namenstagsgeschenk an Dich sein. Ich hatte gerade der Elli das Hochzeitsgeschenk gekauft, und zwar Gläser, je ½ Dtzd. Likör, Süßwein + Wein. Biergläser kommen noch nach. Das war für 20 Mk. Elli hat mir so oft ausgeholfen, da kann ich mich doch nicht lumpen lassen. Auch habe ich je diese Woche ein paar Namenstage, T. Finchen, Onkel Jos. u.s.w. Leider, leider habe ich Dir kein Osterpäckchen geschickt, weil ich dachte, Du kämest, da hättest Du es können mitnehmen. Aber vielleicht kommst Du gar zu Ostern. Das wäre das Allerschönste. Herr Lischewski ist dann vielleicht schon fort, oder geht doch gleich nach dem Fest. Ja, so geht’s! Kommst Du nicht, dann schicke ich Dir sofort ein Päckchen. Was ich habe, sollst Du auch haben. – Am Sonntag war Richard für ein halbes Stündchen hier, er kommt jetzt oft des Sonntags nach Hause auch schon in der Woche mal! – Weißt Du, wen ich heute in Köln traf, Herr + Frau Kirste. Ich soll Dich grüßen, Ostermontag gehen sie weg. Herr

Nottbrock sei für ein halbes Jahr beurlaubt. Scheinbar hat’s geklappt. Frau Kirste hätte ich mir ganz anders vorgestellt. Scheinbar haben sie das dritte Kindchen unterwegs. Sie waren sehr freundlich! Also am Donnerstag gehe ich in den Gürzenich zur Matthäus-Passion. Es wird für mich ein Erlebnis werden. Ich gehe mit Frau Perger. – Hier ist regnerisches Wetter. Richtig Frühling ist es auch hier noch nicht! Aber es muß bald werden. Die Amseln singen schon so schön, man lebt so recht auf. Und doch, rechte Freude kommt nicht auf, man hat so ein geheures Bangen vor dem, was kommt! Gebe Gott, daß nicht zu große Opfer an Menschenleben gefordert werden. – So mein Kind, nun gute Nacht! Sei recht herzlich gegrüßt + geküsst von
Deiner
treuen, Dichliebenden Mutter.