Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 15. November 1941

O.-U. den 15.XI.

Meine liebe Mutter!

Die Woche ist zu Ende gegangen. Wochenend und Feierabend geben mir Muße etwas mit Dir zu plaudern. Es geht mir merkwürdigerweise, ich hätte das nie geglaubt, gesundheitlich ausgezeichnet. Es wird wohl das Klima sein, daß ich mich so wohl fühle. Ich kann garnicht verstehen, daß die Nieren absolut nicht schmerzen, ob sich keine neuen Steine bilden? In den nächsten Tagen werde ich mich doch nochmals röntgen lassen.

Ich habe hier eine wirklich gemütliche Stube, am liebsten bleibe ich zu Hause. Wo soll man aber auch hin? Im Städtchen gibt es einige, ziemlich primitive Cafés. Diese sind die einzigen

Anziehungspunkte. Auch gibt es nicht mehr viel, - etwas graues, hartes Gebäck, smorbrods – Butterbrote mit Käse und natürlich Fisch. Der Kaffee und Tee ist auch nicht besser als in Deutschland. Man geht aber schon mal hin um eine andere Umgebung zu sehen.

Wie ich Dir schrieb versetzt mich die schöne, stille Winterlandschaft in Weihnachtsstimmung. Dann stehen selbstverständlich die Bilder von Daheim vor mir. Ich denke an die gemütlichen Abende, wenn wir auch oft lange, bis in die Nacht, arbeiten mußten, es war doch heimlich und immer so heimisch. Vieles habe ich Dir zu danken!

Körperlich entbehre ich nichts, für den Geist tue ich auch das Mögliche. Wir hören fleißig Radio, besonders

hören wir mit Spannung die Meldungen aus dem Osten und der Heimat. Ich habe festgestellt, daß es in dem Buchladen der Stadt auch deutsche Bücher gibt. Ich mache davon natürlich Gebrauch, besonders weil sie billig sind. Ich lese augenblicklich von H. Hoster „Genesung in Graubünden“. Ein Buch das besonders durch seinen medizinischen Inhalt fesselt.

2-3 Stunden arbeite ich täglich in meinem Anatomie Atlas. Ich freue mich riesig auf das Studium. Heute hat Hilgers mir wieder geschrieben. Er kommt auch nicht los. Er muß weiterhin San. Soldat spielen. Frl. Schieffer schrieb mir gestern, weißt Du die Laborantin aus Nippes. Man freut sich, wenn man etwas aus dem alten Wirkungskreis hört.

Nun weiß ich nichts mehr zu berichten.

Frohen Gruß und Kuß
von
Deinem Jungen.