Rudolf Schmitz an Mutter Anna, 14. September 1941

O.-U. den 14.9.41

Mein liebes, gutes Mütterlein!

Sonntag Morgen! Ich sitze in meinem Stübchen, mein Blick geht hinaus über Wiesen und Wald zum Fjord und auf den majestätischen Felsen. Das Meer rauscht, denn die Flut kommt. Die Brandung leckt den Felsen vor unserer Haustür. Gestern nachmittag war ich mit dem Boot draußen. Allein Petrus war mir nicht gut gesinnt. Nicht eine Oelsardine hab‘ ich gefangen. Heute wird es wohl wieder regnen. Zwei Tage haben wir schönes, sonniges Wetter gehabt.

Am heutigen Morgen gehen meine Gedanken ganz besonders zu Dir. Ich denke mir, Du wirst heute mit Elli eine Wanderung machen. Gestern erhielt ich Eure Karte aus Immekeppel. Auch Deinen Brief vom 5.9. habe ich erhalten. Darum kann ich nicht verstehen, daß Du von mir noch keine Nachricht hast. Ich habe doch fleißig geschrieben. Jeden Tag gehen 3-4 Briefe weg. Ich denke, daß ich auch nun viel Post bekomme.

Mir geht es weiterhin ausgezeichnet, Schmerzen habe ich keine wieder gehabt. Wie gesagt sehe ich viel besser aus. Die Luft hat gute Wirkung. Auch habe ich mächtigen Appetitt. Heute bekomme ich vom Schneider meinen neuen Rock, ich muß doch

ordentlich aussehen. Wöchentlich findet der Offizierstisch statt an dem ich jetzt teilnehmen muß. Auch den O.-Unterricht mache ich mit. Morgen melde ich mich beim Adjutanten zurück.

Wie geht es Dir? Aus Deinen Grüßen entnehme ich, daß Alles beim Alten ist. Ich bete, daß es so bleibt. Wenn Du so freundlich sein wolltest und das Buch „Gesellschaft der Jugend“ nicht zu schwer ist, kannst Du es mir schicken. Du besorgst mir ja auch den Sobotta! Die Auslage muß doch einmal gemacht werden. Selbstverständlich nimmst Du dazu mein Geld! Übrigens studiere ich täglich eine Stunde Anatomie. Es macht Spaß, denn ich komme ganz nett weiter.

Was machen Oma und Elli und all die Anderen? Du wirst mir ja fleißig schreiben!

Sonst wüßte ich Dir nichts Neues mehr zu berichten. Über die Ereignisse in N. berichtet ja die Presse. Da fällt mir noch ein. Auf der Reise, auf dem Schiff hat man mir die Handschuhe abgeklaut. Na, ich beschaffe mir Neue!

Nochmals sende ich Dir einen frohen Sonntagsgruß verbunden mit den besten und herzlichsten Wünschen für Dein Wohlergehen.

Gruß und Kuß Dein Rudolf.